Gerichtsentscheidung in Berlin:Bei fehlender Masernimpfung droht Schulverbot

  • Schüler dürfen vom Unterricht ausgeschlossen werden, wenn sie nicht gegen Masern geimpft sind.
  • Das Verwaltungsgericht in Berlin hat das Schulverbot zweier Teenager als verhältnismäßige Maßnahme bestätigt.
  • Ein Abebben der Masernwelle in Berlin ist nicht in Sicht. 797 Fälle sind bislang registriert.

Eilentscheidungen des Verwaltungsgerichts

Berlins Gesundheitsämter dürfen Schüler ohne Masern-Impfschutz vorübergehend vom Unterricht ausschließen. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht in zwei Eilverfahren entschieden. Das Verbot, eine Schule zu betreten, sei als Schutzmaßnahme zu werten, teilte das Gericht mit. Behörden dürften sie zur Verhinderung übertragbarer Krankheiten wie Masern ergreifen.

Die Hauptstadt ist seit Oktober vom größten Masernausbruch seit 2001 betroffen. 797 Fälle hat das Landesamt für Gesundheit und Soziales insgesamt registriert (Stand vom Freitag). Innerhalb von fünf Tagen sind 75 neue Meldungen hinzugekommen - ein Abebben der Welle ist damit nicht in Sicht.

Oberstufenschüler kurz vor Abitur vom Unterricht ausgeschlossen

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist nötig geworden, weil sich ein Oberstufenschüler kurz vor dem Abitur und die Eltern einer Schülerin vor dem Mittleren Schulabschluss beim Gericht über das zeitweilige Schulverbot wegen Masern beschwert hatten. Beide Teenager waren nicht geimpft, an den Schulen beider gab es Fälle der hochansteckenden Krankheit.

"Die Jugendlichen könnten damit das Virus in sich tragen und es weiterverbreiten", erläuterte Gerichtssprecher Stephan Groscurth die beiden Eilentscheidungen. Damit seien die Schüler eine mögliche Gefahr für andere Menschen. Das Schulverbot sei verhältnismäßig, weil das Risiko der Weiterverbreitung der Masern dadurch signifikant verringert werde, heißt es in der Entscheidung des Gerichts. Es sei die freie Entscheidung der Schüler und ihrer Eltern gewesen, auf einen Impfschutz gegen Masern zu verzichten.

Zahlreiche Schulen betroffen

Allein im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg sind zurzeit sechs Schulen von Masern betroffen. Bereits zuvor wurden in der Hauptstadt zwei Schulen wegen der Infektionsgefahr zeitweise komplett geschlossen. Danach mussten Schüler Impfbücher vorlegen. Wer keinen eindeutigen Impfnachweis für Masern vorlegen konnte, musste wieder nach Hause.

Ein Viertel aller Berliner Masern-Patienten muss ins Krankenhaus

Der Masernausbruch in Berlin hatte im Oktober in einem Flüchtlingsheim begonnen. Wegen fehlenden Impfschutzes in der Berliner Bevölkerung griff die Krankheit auf die ganze Hauptstadt über - vor allem auf Jugendliche und Erwachsene. Betroffen sind bisher aber auch mehr als 100 Kleinkinder. Ein Kind ohne Impfschutz starb im Februar an Masern. Für Säuglinge und Kleinkinder ohne Impfschutz gilt die Infektion als besonders gefährlich, weil das Risiko einer tödlichen Spätfolge besteht.

Ein Viertel aller Berliner Patienten kam wegen der Schwere der Infektion bisher ins Krankenhaus. Zum Vergleich: Bei der laufenden Grippewelle sind es bisher lediglich acht Prozent. Fast 90 Prozent der bisher befragten 634 Masernpatienten gaben an, dass sie nicht geimpft waren. Eine Impfpflicht gegen Masern ist bisher auch politisch nicht gewollt. Kinderärzte fordern als Druckmittel aber einen Impfnachweis vor einer Aufnahme von Kindern in eine öffentliche Kita oder Schule.

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