Geplantes Attentat in Köln:"Wir haben Angst"

Lesezeit: 2 min

Unter Lehrern und Schülern am Kölner Georg-Büchner-Gymnasium herrschen Schock und Ratlosigkeit. Sie beschreiben den 17-jährigen Tatverdächtigen als "in keiner Weise auffällig".

Ein schmuckloser Betonbau, der Eingang ist abgeriegelt, die Aula leer. Nach dem vereitelten Amoklauf ist das Georg-Büchner-Gymnasium im Kölner Stadtteil Weiden ausgestorben. Der Unterricht fällt an diesem verregneten Montagmorgen aus.

Georg-Büchner-Gymnasium: Am ersten Tag nach dem vereitelten Amoklauf blieben die Türen geschlossen. (Foto: Foto: ddp)

Nur wenige Schüler haben den Weg dorthin gefunden, wo exakt am Jahrestag der Gewalttat von Emsdetten Schüler getötet werden sollten.

Es herrschen Fassungslosigkeit, Erleichterung und Schock. "Das hätten wir uns nicht vorstellen können, dass so was hier passiert", erzählt die 12 Jahre alte Hamila. Sie geht in die siebte Klasse. "Wir haben schon Angst", ergänzt sie und stockt einen Moment. "Ein bisschen zumindest." Ihre zwei Freundinnnen nicken.

Im düsteren Inneren der Schule lobt Landesschulministerin Barbara Sommer (CDU) die Zusammenarbeit von Schülern, Lehrern und Polizei. Es sei eine besonnene Reaktion gewesen. Schüler hatten am Freitag gemeldet, dass ein 17-Jähriger Bilder eines Amoklaufs ins Internet gestellt hatte. "Durch ihre Hilfe ist es gelungen, Leben zu retten", betont Sommer. Nun müssten die Jugendlichen und das Kollegium damit fertig werden. "Es wird der Schock kommen, es ist einer unserer Schüler gewesen", sagt Sommer.

Schulpsychologen und Notfallseelsorger

"Wir haben auch Mitgefühl für die Eltern, die einen Sohn verloren haben", fügt sie hinzu. Damit meint sie den 17-jährigen Tatverdächtigen, der sich am Freitag das Leben genommen hatte. "Das dürfen wir nicht vergessen."

Schulleiterin Beatrix Görtner richtet den Blick unterdessen schon wieder nach vorne. "Es ist klar, dass wir in der Lehrerschaft Zeit brauchen, uns zu fangen." Daher sei die Schule zunächst geschlossen worden. Am Dienstag wolle sich das Kollegium mit Schulpsychologen und Notfallseelsorgern den Fragen der Schüler stellen.

Dazu gehört die 12-jährige Carla. Am Sonntagnachmittag hatte ihr die Nachhilfelehrerin von dem geplanten Amoklauf erzählt. Die Schwester der Nachhilfelehrerin kannte den 17-Jährigen. "Sie war geschockt", erzählt Carla. Den 18-jährigen mutmaßlichen Komplizen, kennt sie selbst. "Der hatte einen langen schwarzen Mantel an, hat schon ein bisschen Angst gemacht."

Ministerin Sommer warnt vor schnellen Urteilen auf Grund von Äußerlichkeiten: "Man muss sehr sensibel mit solchen Kriterien umgehen". Und auch Schulleiterin Görtner betont, dass die Lehrer bei beiden Schülern keine Veranlassung sahen, sich Sorgen zu machen. Sie selbst hatte die mutmaßlichen Täter noch vor zwei Jahren unterrichtet.

"Er wurde immer von Freunden geärgert"

Unauffällig, integriert und "in keiner Weise auffällig" sei der 17-Jährige gewesen. Seine Schwester habe vor zwei Jahren "sehr erfolgreich" ihr Abitur gemacht. Der 18-Jährige sei hingegen sehr introvertiert. "Er trug schwarz, das war und ist aber nichts besonderes."

Auch Tajaw kennt den festgenommenen 18-Jährigen vom Sehen. "Er wurde immer von Freunden geärgert", erinnert er sich. Aber dass er einen Amoklauf geplant habe, sei "krass".

Dem Klischee einer Problemschule entspricht das Ganztagesgymnasium mit seinen 900 Schülern nicht. Im gleichen Gebäude ist die Martin-Luther-King-Hauptschule mit 300 Schülern untergebracht. Nebenan wechseln sich 15-stöckige Wohnblocks mit schmucken Einfamilienhäusern ab, daneben gepflegte Sportanlagen.

"Es ist eine Schule ohne große soziale Spannungen", bestätigt Görtner. Für Schüler habe es Deeskalationstraining gegeben, vergangene Amokläufe in Deutschland und den USA seien thematisiert worden.

Emsdetten: "Die Nerven liegen blank"

Rund 180 Kilometer weiter nördlich im münsterländischen Emsdetten schützen derweil Polizisten die 700 Schüler der Geschwister-Scholl-Realschule vor Medienvertretern. "Die Nerven liegen blank", beschreibt Polizeihauptkommissar Bernd Neuser die Stimmungslage. Die aktuelle Konfrontation mit den Ereignissen von Köln löse die "alten Filme wieder aus", sagt der Psychologe Thomas Weber.

Die Jugendlichen haben zum Jahrestag des traumatischen Ereignisses ein Transparent aus dem Fenster eines Klassenzimmers gehängt: "Was wir alleine nicht schaffen, das schaffen wir zusammen" haben sie darauf geschrieben. In Köln steht dieser Bewältigungsprozess erst noch bevor.

© dpa/ckn/sma - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: