Fukushima:Arbeiter wagen sich in verstrahlten Reaktor

Erstmals betreten Menschen einen der kollabierten Reaktoren im AKW Fukushima. Doch die Ausrüstung der Teams und die kurze Verweildauer lassen ahnen, wie riskant diese Mission ist.

Erstmals seit dem verheerenden Erdbeben im Nordosten Japans vor fast zwei Monaten haben wieder Arbeiter das Gebäude von Reaktor 1 in der schwerbeschädigten Atomanlage Fukushima-1 betreten. Ziel sei es, das Kühlsystem wieder zu installieren, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf den Kraftwerksbetreiber Tepco.

Fukushima: Aufnahmen eines Roboters aus dem Inneren des Reaktors 1. Nun haben sich erstmals wieder Arbeiter dorthin gewagt.

Aufnahmen eines Roboters aus dem Inneren des Reaktors 1. Nun haben sich erstmals wieder Arbeiter dorthin gewagt.

(Foto: AP)

Die insgesamt zwölf Arbeiter sollen einen Filter für die radioaktive Luft einbauen. Die Männer werden in kleinen Teams arbeiten, jede der Gruppen soll nur wenige Minuten in dem Reaktor bleiben. Sie tragen Schutzanzüge, Masken und Sauerstoffflaschen. Die Arbeiten werden vermutlich vier oder fünf Tage dauern, hieß es.

Nachdem Roboter vergangene Woche neue Daten über die gesunkene Radioaktivität in einigen Bereichen des Reaktors gesammelt hatten, kam die Entscheidung zum Arbeitseinsatz, sagte ein Tepco-Sprecher. Noch Mitte April war die Radioaktivität so hoch, dass kein Arbeiter in das Reaktorgebäude hinein konnte. Man beschränkte sich auf Kontrollräume, Keller und das Freigelände. Dennoch waren immer wieder Arbeiter unzulässig hoch verstrahlt worden. Zuletzt waren die Werte aber etwas gefallen. Allerdings sind sie immer noch so hoch, dass nur kurze Schichten möglich sind.

Zwei der Männer, die nun im Einsatz sind, kommen von Tepco, die restlichen zehn sind offenbar Auftragsarbeiter von außen. Nach Firmenangaben sind sie bei der Operation Radioaktivität in Höhe von je etwa drei Millisievert ausgesetzt. Nach japanischen Recht dürfen Beschäftigte in einem Zeitraum von fünf Jahren nicht mehr als 100 Millisievert ausgeliefert werden. Im Zuge der Fukushima-Katastrophe hob das Gesundheitsministerium diese Höchstgrenze für Notfälle allerdings auf 250 Millisievert an.

Das Reaktorgebäude war bei einer Wasserstoffexplosion schwer beschädigt worden. Tepco versucht seit zwei Monaten, die Kühlkreisläufe der Reaktoren wieder in Betrieb zu setzen, die bei dem Erdbeben vom 11. März und dem nachfolgenden Tsunami ausgefallen waren. Der Betreiber will die Arbeiten an dem Kraftwerk in sechs bis neun Monaten abschließen. Die Verringerung der Radioaktivität ist Voraussetzung dafür.

Falls der Betreiber das havarierte Atomkraftwerk unter Kontrolle bringt, will Japans Regierung im Januar 2012 über eine mögliche Rückkehr von Bewohnern in die Sperrzone entscheiden. Die Havarie des Meilers war auf der internationalen Skala auf der höchsten Stufe 7 eingestuft worden - ebenso wie Tschernobyl. Allerdings gelang in Fukushima-Daiichi bislang deutlich weniger Radioaktivität in die Umgebung. Dennoch mussten wegen des Atomunglücks, bei dem vier der sechs Reaktoren durch Explosionen schwer beschädigt wurden, 80.000 Menschen im Umkreis von 20 Kilometern um die Anlage ihre Häuser verlassen.

Tepco kündigte auch an, einen Filter zur Dekontaminierung des radioaktiv verseuchten Meereswassers entwickeln zu wollen. Wie der japanische Fernsehsender NHK berichtete, soll das Wasser dafür durch einen großen Filter voller Zeolithe gepumpt werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: