Frühlingsbeginn:Eis mit Stil

Eisiger Winter in Schleswig

Warten auf den Frühling - aber besser nicht auf dieser mit Eis überzogenen Bank am Ufer der Schlei in Schleswig-Holstein.

(Foto: Torsten Sukrow/picture alliance)
  • Laut Kalender mag der Frühling beginnen, doch in Deutschland herrscht weiterhin Winterwetter und eine Kaltfront zieht mit Schnee und Glätte von Norden nach Süden.
  • Mit etwas milderen Temperaturen rechnete der Deutschen Wetterdienst erst zum Wochenende, allerdings könnte die Kälte uns bis zum Osterwochenende erhalten bleiben.

Von Martin Zips

Was der Frühling so alles zu bewirken vermag, darüber kann zum Beispiel die gleichnamige Kantate des Russen Rachmaninow Auskunft geben. Dort nämlich geht es um einen betrogenen Ehemann, der während der langen Wintermonate auf Rache schwört und nichts mehr übrig hat für seine Frau. In dem Moment jedoch, wo um ihn herum die Blüten spießen, vergibt er ihr. Frühling, um in den Worten des US-Komikers Robin Williams zu sprechen, ist die Art der Natur zu sagen: "Hey, lasst uns eine Party feiern!" So schön und einzigartig, dass selbst der britische Künstler David Hockney gestehen musste: "So gerne hätte ich die Ankunft des Frühlings gemalt. Aber dafür reicht ein Gemälde einfach nicht."

Wer freilich den kalendarischen Frühlingsbeginn 2018 auf Leinwand festhalten möchte, dem reicht schon ein simpler Tuschkasten. Hier ein paar braune Striche, dort ein paar Ästlein - der Rest darf ruhig weiß bleiben. Am Brocken beträgt die gefühlte Temperatur Minus 50 Grad, in Schleswig formt Eis aus Sitzbänken und Mülleimern bizarre Kunstobjekte. Von Party keine Spur. Und noch nicht einmal Herr Wolz vom Deutschen Wetterdienst kann sagen, ob uns die Kälte gar bis zum Osterwochenende erhalten bleibt. Antonio Vivaldi hat den Frühling einst mit fröhlichen Dudelsack-Weisen beschrieben und der französische Filmemacher Éric Rohmer lässt in "Frühlingserzählung" seine Figuren so Sätze sagen wie: "Ich bin nicht in Sie verliebt.

Aber ich könnte es sein." Ja, genauso ist der Frühling! Impulsiv, extrem flatterhaft - und ständig auf der Suche. Wenn er denn nur langsam ein bisschen an Temperatur gewönne. Die Realität freilich sieht so aus: Glatteis in Bayern, Schneeverwehungen in Thüringen und in Baden-Württemberg musste sogar ein Abschleppwagen abgeschleppt werden, weil er von der Straße gerutscht war. In der Kieler Förde riss kalter Ostwind Boote los, in Hessen blies er Bäume um und auch den Flug- und Bahnverkehr wirbelte er ordentlich durcheinander. An der ostenglischen Steilküste, wo gleich mehrere Häuser wegen Absturzgefahr geräumt werden mussten, sprechen sie dieser Tage mal wieder vom "beast from the east". Ein Terminus, der höchstwahrscheinlich von Boris Johnson erfunden wurde, um Wladimir Putin zu ärgern.

Noch beunruhigender ist es, dass - wie US-Forscher im Fachmagazin Scientific Reports gerade berichten - in der Arktis das Frühjahr mittlerweile bis zu 16 Tage früher beginnt als noch vor zehn Jahren. In unseren eiskalten Breitengraden hingegen heißt es: Dauerfrost, Dunst und keine Spur von Dopamin. Das bisschen Endorphin, das eventuell noch in uns zu finden ist, könnte auch aus einer Reaktion mit Günther Jauchs Aldi-Cuvée stammen.

So ist er also, der kalendarische Frühlingsbeginn des Jahres 2018. Und noch nicht einmal wegtindern kann man ihn. "Für den Liebenden ist auch im Winter Frühling", lautet immerhin ein hoffnungsvolles Sprichwort. Aber klar, es stammt aus Russland.

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