Frankreich:Bus prallt mit Lastwagen zusammen

Frankreich: Nach dem schweren Busunglück in der Nähe von Bordeaux sperrte die Polizei alle Zufahrtsstraßen.

Nach dem schweren Busunglück in der Nähe von Bordeaux sperrte die Polizei alle Zufahrtsstraßen.

(Foto: Bob Edme/AP)

Land unter Schock: Beim schlimmsten Verkehrsunfall seit Jahrzehnten sterben nahe Bordeaux 43 Menschen, darunter ein Kleinkind. Bis die Leichen identifiziert sind, werden wohl Tage vergehen.

Von Christian Wernicke, Paris

Der Mann stand zunächst unter Schock. Er, der Fahrer jenes Unglücks-Busses, in dem am Freitagmorgen 41 meist ältere Passagiere verbrannten, war unfähig zu erzählen, was genau passiert war in der scharfen Linkskurve auf der schmalen Landstraße hinter dem kleinen Ort Puisseguin. Viele Franzosen starrten derweil fassungslos auf die Fernsehbilder von der Unglücksstelle in einem Wäldchen 50 Kilometer nordöstlich von Bordeaux, wo ein Autobus und ein unbeladener Sattelschlepper zusammengestoßen waren. Den ganzen Tag flimmerten die Bilder aus der Provinz über die Bildschirme: das ausgebrannte Wrack des Busses und die verkohlte Fahrerkabine des Lkws, in dem die Polizei die Leichen des Fahrers und dessen dreijährigen Sohnes fand. 43 Tote - es ist die schlimmste Tragödie auf Frankreichs Straßen seit 33 Jahren. "Ganz Frankreich trauert", sagte der herbeigeeilte Premierminister Manuel Valls.

Es wird Tage dauern, ehe alle Leichen identifiziert sind. Und es dürften Wochen vergehen, ehe die Behörden exakt ermittelt haben, wie es zu diesem Inferno kommen konnte. Erste Zeugenaussagen und vorläufige Analysen aber legen den Schluss nahe: Der namentlich noch unbekannte Busfahrer, der der Hölle bei Puisseguin leicht verletzt, aber offenbar schwer traumatisiert entkam, könnte nach ersten Eindrücken zum Helden werden.

Der Bus war erst ein paar Minuten unterwegs gewesen. Eine Gruppe von Senioren, alle beheimatet auf den sanften, von edlem Wein bewachsenen Hügeln der Gironde, war aufgebrochen zu einem Tagesausflug. Es herrschte gutes Wetter, kein Regen, kein Nebel. Aber die Straße gilt unter Einheimischen als tückisch: Als "kurvig, gefährlich und eng" beschreiben Anwohner die Strecke. Plötzlich tauchte da dieser Laster auf - auf der falschen Straßenseite. Es war offenbar kein einfacher, frontaler Zusammenstoß. Am Freitagnachmittag verdichteten sich Gerüchte, der Trucker habe bereits vor dem Unfall die Kontrolle über seinen Sattelschlepper verloren, der Laster sei dabei wohl mit den Reifen des langen Anhängers vom Asphalt gerutscht und zum Stehen gekommen. Beim Versuch, auf die Straße zurückzukehren, ist der Lastwagen offenbar quer zum Straßenverlauf geraten; dort, wo auf der linken Seite der große Benzintank des Schleppers montiert ist, schlug dann der Bus ein. "Es war ein Aufprall, und dann fingen die Fahrzeuge sofort Feuer", berichtete der lokale Abgeordnete Florent Boudié, der einige Fetzen der ersten Aussage des Busfahrers vernommen haben will.

Der Busfahrer jedenfalls muss binnen Bruchteilen von Sekunden realisiert haben, dass er den Aufprall nicht mehr abwenden konnte. In einem Reflex öffnete er die Türen - nur deshalb konnten außer ihm noch sieben Passagiere dem Fahrzeug entkommen. Ein Autofahrer, der hinter dem Bus gefahren war, half offenbar.

Nun steht die ganze Gegend unter Schock. Man kennt sich in den kleinen Dörfern der Gironde - fast jeder weiß den Namen eines Opfers. Manche Menschen, die am Freitag verzweifelt über die Hauptstraße vom Puisseguin zum Krisenzentrum eilen, haben sogar mehrere Verwandte verloren. "Das Leben muss weitergehen", sagte eine Passantin. Nur wie, das weiß sie nicht.

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