Frankfurt:"Lasermann" steht 25 Jahre nach Bluttat vor Gericht

  • Mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem gewaltsamen Tod einer Garderobenfrau beginnt in Frankfurt am Main der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter, den Schweden John Ausonius.
  • Die Staatsanwaltschaft wirft dem 64-Jährigen, der als "Lasermann" bekannt wurde, Mord vor.
  • Nach der Tat flüchtete er in seine Heimat, wo er wegen Mordes und mehrerer Mordversuche zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.

Kurz nach Mitternacht verlässt die Garderobiere Blanka Zmigrod am 22. Februar 1992 ihren Arbeitsplatz im noblen Restaurant Mövenpick nahe der Frankfurter Oper. Die 68-Jährige geht zu Fuß, es sind nur wenige Hundert Meter bis zu ihrer Wohnung. Doch dort kommt sie nie an. Im Kettenhofweg im Frankfurter Westend wird sie niedergeschossen. Ein Passant sieht noch, wie sich ein Mann über die Frau beugt, ihr die Handtasche stiehlt und dann mit einem Rad flüchtet. Er holt Hilfe, aber die kommt zu spät. Blanka Zmigrod stirbt an ihrer Schussverletzung.

An diesen Mittwoch beginnt der Prozess gegen den Mann, der die Frau vor mehr als 25 Jahren getötet haben soll. John Ausonius, 64, schwedischer Staatsbürger, ist des Mordes angeklagt. Sechs Verhandlungstage bis Mitte Januar hat die Schwurgerichtskammer des Frankfurter Landgerichts angesetzt.

Das wichtigste Indiz, auf das sich die Staatsanwaltschaft stützt, ist ein Streit, den Ausonius vor der Tat mit Zmigrod hatte. Dabei ging es um einen Taschencomputer, den der Angeklagte nach dem Besuch im Mövenpick-Restaurant vermisste. Er beschuldigte die Garderobenfrau, das Gerät unterschlagen zu haben. Die Restaurant-Managerin wunderte sich über den sehr vehement auftretenden Gast, der sich zuerst telefonisch erkundigte, 200 Mark Finderlohn bot und dann Zmigrod laut anschrie, als er erneut im Mövenpick auftauchte. Einen Tag später war die Frau tot.

Später stellte sich heraus, warum ihm der Taschencomputer so wichtig war: In dem Gerät waren die Daten mehrerer Konten gespeichert, auf denen Ausonius die Beute aus zahlreichen Banküberfällen deponiert hatte.

Lebenslange Haftstrafe in Schweden

Ausonius ist ein verurteilter Schwerverbrecher. Wegen Bankraubs und mehrerer Gewaltdelikte saß er bereits in den achtziger Jahren im Gefängnis. Später wurde er in Schweden zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, weil er in den Jahren 1991/1992 zahlreiche Mordanschläge begannen hatte. Mit einem Gewehr schoss er damals aus dem Hinterhalt auf Migranten, zehn Menschen wurden schwer verletzt, eine Person starb. Weil er dabei ein Laser-Zielfernrohr verwendete, wurde er in den Medien "Lasermann" genannt.

Ausonius gestand die Morde in Schweden im Jahr 2000, nachdem er sie im Prozess zunächst abgestritten hatte. Er sei aber nie ein Rechtsextremist gewesen, sondern habe mit den Schüssen von seinen Banküberfällen ablenken wollen. Zudem sei er zu jener Zeit spielsüchtig, ständig auf der Flucht und psychisch angeschlagen gewesen.

Nach der Tat in Frankfurt dauerte es einige Monate, bis die Polizei Ausonius auf die Spur kam. Zunächst vermutete sie, dass die Tat an Blanka Zmigrod einer Serie von Handtaschendiebstählen zuzuordnen sei, bei denen der Täter stets mit dem Fahrrad unterwegs war und ältere Frauen angriff. Im Juni 1992 wurde Ausonius in Stockholm verhaftet. Im Zuge der dortigen Ermittlungen zu den Schüssen auf die Migranten entstand dann die Verbindung zu dem Frankfurter Fall. Ausonius passte genau ins Täterprofil. Blanka Zmigrod wurde mit demselben Typ Waffe getötet, der auch bei den Attentaten in Schweden benutzt worden war. Und es war erwiesen, dass Ausonius zur Tatzeit in Frankfurt war.

Neue Dynamik nach Aufdecken der NSU-Morde

Doch weil Ausonius in Schweden ohnehin in Haft saß, verfolgten die deutschen Ermittler den Fall lange Zeit nicht weiter. Erst nach dem Aufdecken der Morde der Neonazi-Terrorzelle NSU im Jahr 2011 wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen; damals wurde sogar spekuliert, ob Ausonius ein Vorbild dafür gewesen sein könnte.

Neue Dynamik bekam das Verfahren auch dadurch, dass Ausonius in Schweden einen Begnadigungsantrag gestellt hat und freikommen könnte. Die deutschen Behörden beantragten seine Auslieferung, der Schweden im Dezember vergangenen Jahres auch nachkam. Seitdem sitzt Ausonius in Frankfurt in Untersuchungshaft.

Für die Staatsanwaltschaft wird der Prozess nicht einfach. Zeugenaussagen, die Ausonius belasten würden, gibt es offenbar nicht, nach allem, was man weiß, auch keine DNA-Spuren, die ihn überführen könnten. "Es liegen lediglich einzelne Indizien, nicht einmal eine Indizienkette vor", sagte Ausonius' Anwalt Joachim Bremer im Sommer. Um Ausonius wegen der Tat an Blanka Zmigrod sicher ins Gefängnis zu bringen, muss die Anklage eine Verurteilung wegen Mordes erreichen. Nur dieses Verbrechen verjährt nicht. Bei Totschlag gilt in der Regel eine Verjährungsfrist von 20 Jahren, in besonders schweren Fällen von 30 Jahren.

Ausonius hat stets bestritten, die Garderobenfrau getötet zu haben. Dass er Streit mit ihr hatte, gibt er jedoch zu.

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