Formel 1:Keine leicht bekleideten Frauen mehr auf der Rennstrecke

Formel 1: Zeitgemäß? Ein namentlich nicht bekanntes Grid Girl hält in Sotschi die Startnummer von Sebastian Vettel in die Höhe.

Zeitgemäß? Ein namentlich nicht bekanntes Grid Girl hält in Sotschi die Startnummer von Sebastian Vettel in die Höhe.

(Foto: Andrej Isakovic/AFP)
  • Die Formel 1 verzichtet künftig auf ihre Grid Girls; auch der Darts-Weltverband will keine "Walk-On-Girls" mehr bei seinen Wettkämpfen.
  • Kritik dazu kommt nicht nur von den Sportlern, sondern auch von den Frauen selbst.

Von Laura Hertreiter

Es ist, wenn man den ersten Reaktionen glauben mag, das ganz große Drama. Am Mittwoch verkündete die Formel 1, dass es bei der Rennserie künftig keine Grid Girls mehr geben soll. Die Tradition der fahnenschwenkenden Hostessen im knappen Outfit stehe "in direktem Widerspruch zu modernen, sozialen Normen", begründete die Formel 1 ihren Schritt, dem jahrelange Diskussionen vorangegangen waren. "Wir finden, Grid Girls sind der neuen Formel 1 und ihren Fans nicht angemessen und auch nicht bedeutungsvoll", teilte Geschäftsführer Sean Bratches mit.

Nun, die Frau, die im knappen Outfit für Fotos lächelt, während der Mann für die sportliche Höchstleistung verantwortlich ist, ist ja tatsächlich nicht ganz 2018. Aber von Bedeutungslosigkeit kann ganz offensichtlich nicht die Rede sein. Auch 2018 stöckeln halb nackte Frauen mit Nummernschildern um Boxringe und schütteln Pompons vor Footballspielen. Als der Darts-Weltverband kürzlich ankündigte, auf die "Walk-On-Girls" zu verzichten, hatte es Entrüstung gegeben, mehr als 270 000 Menschen unterzeichneten eine Petition für den Erhalt "der Tradition von Frauen beim Dart" und selbst die Frauen, die den Job gemacht haben, protestierten.

Auch die Abschaffung der Grid Girls löste Entsetzen aus. Einige Piloten der Rennserie hatten sich schon vorher geradezu ritterlich für den Verbleib der Frauen in der Startaufstellung starkgemacht. "Die Grid Girls müssen bleiben", zitierte die Bild-Zeitung den Red-Bull-Fahrer Max Verstappen vor der Entscheidung, Renault-Fahrer Nico Hülkenberg sagte: "Wäre wirklich schade, wenn sie den Augenschmuck vom Grid nehmen." Das Motorsport-Magazin Speedweek schrieb im Todesanzeigen-Tonfall: "Ein Stück Motorsporttradition geht verloren."

Zur Angemessenheit nackter Frauenhaut zu Dekor- und Unterhaltungszwecken wird viel hin und her gedacht, die Bild-Zeitung versteckt ihr nacktes "Seite-eins-Girl" jetzt auf den hinteren Seiten, der US-Playboy hat seine Models ein ganzes Jahr lang bekleidet gezeigt; bevor er wieder zur Nacktheit zurückkehrte.

Nur geht es bei all diesen großen und kleinen Revolutionen um die Bildebene, darum, ob die Frau Zierde sein darf. Es geht nicht darum, warum die Frau nicht im Rennwagen sitzt oder auf dem Spielfeld steht. Und bei diesen grundlegenden Fragen werden die Verbannung von Nacktheit und Verbote kaum helfen.

Vor drei Jahren unternahm die Formel 1 schon einmal einen Versuch, einen naheliegenden und schönen, kleinen Versuch, dessen Ergebnis sehr viel über das eigentliche Problem erzählt. Beim Großen Preis von Monaco wurden mitunter Grid Boys an den Startposition eingesetzt. "Muss das wirklich sein?", titelte das Motorsport-Magazin.

Und Ferrari-Fahrer Sebastian Vettel gab nach dem Rennen zu Protokoll: "Wenn ich auf Männer stehen würde, wäre das etwas anderes. Das tue ich aber nicht. Wenn ich das Auto parke und mir den Hintern von George oder Dave anschaue, dann bin ich nicht glücklich damit." Also keine Grid Boys. Und keine Grid Girls. Nur - wer hält nun die Nummernschilder?

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