Flugzeugunglück in Brasilien:Proteste gegen Schlamperei

Fast 200 Menschen sind vor zwei Wochen bei einem Flugzeugunglück in São Paulo gestorben. Jetzt wehren sich die Hinterbliebenen juristisch und rufen zum Flugboykott auf.

Sebastian Schoepp

Zwei Wochen nach dem Flugzeugunglück mit fast 200 Toten in São Paulo haben Angehörige eines der Opfer in den USA Schadenersatzklage gegen die brasilianische Fluggesellschaft TAM und den Flugzeugbauer Airbus eingereicht.

Unfallstelle, dpa

Noch ist die Ursache des Unfalls in São Paulo unklar.

(Foto: Foto: dpa)

Sie werfen den Unternehmen Nachlässigkeiten bei der Konstruktion, der Wartung und dem Betrieb der Unglücksmaschine vor, wie der brasilianische Fernsehsender TV Globo berichtete. Nach dem Unglück war bekannt geworden, dass die Schubumkehr, die bei der Bremsung hilft, bei der Landung des Unglücksairbusses offenbar nicht richtig funktionierte. Die Maschine raste über die Piste hinaus und prallte in ein Gebäude.

TAM teilte mit, man könne auch ohne Schubumkehr landen - was allerdings auf einer kurzen Piste wie der des Flughafens Congonhas schwierig werden kann, vor allem, wenn sie nass ist.

Hat der Pilot einen Fehler gemacht?

Die Anwälte der Hinterbliebenen wollen auch untersucht wissen, ob den Piloten ein Fehler bei der Steuerung der Turbinen unterlaufen sein könnte, was sie aus einem internen Papier von Airbus schließen, das die brasilianische Presse veröffentlichte.

Mit Spannung warten Angehörige und die brasilianische Regierung auf die Auswertung der beiden Black Boxes des Flugzeugs, die zur Untersuchung in die USA gebracht wurden.

Sollte sich herausstellen, dass der bauliche Zustand der Landebahn in Congonhas ein entscheidender Faktor bei dem Unglück war, könnte das Präsident Luiz Inácio Lula da Silva in ernste Schwierigkeiten bringen. Die Piste war kurz zuvor repariert worden, allerdings fehlten noch die Rillen, über die Regenwasser abfließen kann.

Behörden wussten von rutschiger Landebahn

Mehrere Piloten teilten mit, sie hätten die brasilianischen Streitkräfte vor dem Unglück darüber informiert, dass die Landebahn rutschig sei. Die Armee ist in Brasilien für die Überwachung des Luftverkehrs zuständig.

Präsident Lula hat bereits den Verteidigungsminister ausgewechselt. Für den 18. August haben die Angehörigen der Opfer des Unglücks zu einem Protestmarsch gegen die Zustände im brasilianischen Luftverkehr und zu einem Flugboykott aufgerufen.

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