Flugzeugkatastrophe in Madrid:"Ich werde nie wieder fliegen"

Nach dem Unglück trauert ganz Spanien um die Opfer. Überlebende der Katastrophe berichten nun in spanischen Medien von dem Horror des Absturzes.

Die Fahnen in der Hauptstadt Madrid sind auf Halbmast gesetzt, das Land trauert um die Opfer der Katastrophe auf dem Flughafen Madrid-Barajas von Mittwoch. Nur 19 Menschen haben das Unglück überlebt. Die Mehrheit saß offenbar im vorderen Teil des Flugzeugs und konnte sich wohl deshalb retten, berichtet die Zeitung El País.

Flugzeugkatastrophe in Madrid: Eine trauernde Angehörige eines Opfers auf dem Weg nach Madrid.

Eine trauernde Angehörige eines Opfers auf dem Weg nach Madrid.

(Foto: Foto: Reuters)

Stewardess Antonia Martínez ist vermutlich das einzige Mitglied der Bordcrew, das überlebt hat. Normalerweise sitzen die Flugbegleiter beim Start im hinteren Teil des Fliegers. Doch Martínez ging nach vorne. Bei der Explosion wurde sie aus dem Flieger geschleudert, die ganze Zeit über war sie bei Bewusstsein. Als sie die Sirene des Krankenwagen hörte, wusste sie: die Rettung naht.

Im Krankenwagen ruft sie ihre Mutter an: "Mama, mach' dir keine Sorgen, mir geht es gut", sagt sie. Antonias Mutter kann es nicht fassen. "Sie haben mich belogen, mein Kind ist tot, sie haben mich belogen", sagt sie immer wieder auf dem Weg zum Krankenhaus, als sie die Meldungen über die Todesopfer hört.

Antonia steht unter Schock. Immer wieder fragt sie nach ihren Kollegen. "Ich werde nie wieder fliegen", sagte sie ihrer Mutter. "Schrecklich, es war einfach nur schrecklich." Antonia Martínez erlitt Verletzungen im Gesicht, kann nur mit Maske atmen, hat einen Arm im Gips, aber sie kann sich bewegen. Es gehe ihr gut, versichern Freunde.

Auch der achtjährige Jesús Acosta hat das Unglück überlebt. Auch er war die ganze Zeit bei vollem Bewusstsein - zu viel für den Jungen. Einen Feuerwehrmann fragte er El Mundo zufolge "Wann ist der Film endlich zu Ende?".

Jesús hat überlebt, doch der Junge ist traumatisiert. Er fragt immer wieder nach seinen Eltern. "Er ist sehr schlau", sagt die Cousine der Mutter. "Er hat alles mitbekommen, was passiert ist." Sein Vater kam in den Trümmern ums Leben, die Mutter liegt im Koma, sie schwebt in Lebensgefahr.

Eigentlich wollte die Familie nach Gran Canaria, um Urlaub machen. Die Großmutter des Jungen, die 82-jährige Gregoria, blieb zu Hause in dem Dorf in Spanien. Sie ist nach Madrid gereist und wacht jetzt an der Seite des Jungen.

Insgesamt drei Kinder sind El Mundo zufolge unter den 19 Überlebenden, darunter auch der sechsjährige Roberto Álvarez. Er wurde mit bandagiertem Kopf ins Krankenhaus eingeliefert. Ihm gehe es gut, sagt sein Onkel, "er fragt nach Essen, Wasser... so wie immer", sagte er El País. Ein Wunder. Denn der Kleine wurde mit skalpiertem Schädel eingeliefert. Aber Glück und Leid liegen bei der Katastrophe in Madrid nahe zusammen: Die 16-Jährige Schwester des kleinen Roberto kam bei der Katastrophe ums Leben.

Triebwerk geriet wohl doch nicht in Brand

Bei der Suche nach den Ursachen der Flugzeugkatastrophe tauchen unterdessen immer neue Fragen auf. Entgegen den bisherigen Annahmen war beim Start der Unglücksmaschine der spanischen Fluggesellschaft Spanair offenbar kein Triebwerk in Brand geraten.

Dies geht nach Medienberichten vom Freitag aus dem Videofilm hervor, den eine Kamera der staatlichen Flughafengesellschaft AENA aufgenommen hatte. Auf dem Film sei weder ein Feuer noch eine Explosion in einem Triebwerk zu erkennen, berichten mehrere spanische Zeitungen. Die Maschine sei erst in Flammen aufgegangen, als sie auf die Erde aufschlug und zerschellte.

Bisher hatte es als ziemlich sicher gegolten, dass beim Start der Maschine am Mittwoch ein Triebwerk Feuer fing. Dieser Brand, so war vermutet worden, könnte eine Kettenreaktion ausgelöst haben, die zum Absturz der zweistrahligen Maschine führte.

Die spanische Regierung sagte eine umfassende Aufklärung der Umstände zu, die zur schlimmsten Katastrophe in der spanischen Luftfahrt seit fast 25 Jahren geführt hatte.

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