Flugverkehr:So gefährlich sind Laserpointer für den Flugverkehr

Nachtflüge in Hannover

Ein Passagierjet im Anflug auf den Flughafen von Hannover

(Foto: dpa)

In London muss ein Pilot umkehren, weil er geblendet wird. Auch in Deutschland werden jährlich Hunderte Piloten von den Lichtzeigern gestört.

Von Jan Schmidbauer und Christoph Behrens

Ein Flugzeug der Airline Virgin Atlantic musste am Sonntagabend auf dem Weg von London nach New York umkehren, weil der Kopilot von einem Laser geblendet wurde - ein Phänomen, das Piloten und Fluggesellschaften bekannt ist. Hunderte Fälle ereignen sich jährlich auch in Deutschland. Umkehren musste nach Auskunft der Deutschen Flugsicherung (DFS) bislang keine Maschine. Dennoch bergen die kleinen Geräte große Gefahr für den Luftverkehr. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie oft kommt es in Deutschland vor, dass Piloten geblendet werden?

Im vergangenen Jahr wurden laut einem Bericht, der der Deutschen Flugsicherung vorliegt, 526 Fälle erfasst. Im Jahr zuvor waren es noch 534. Es gibt also einen minimalen Rückgang. Seit 2009 sind Fluggesellschaften verpflichtet, die Deutsche Flugsicherung über die Vorfälle zu informieren. Trotzdem, sagt Axel Raab, Sprecher der Flugsicherung: "Die Dunkelziffer dürfte ziemlich hoch sein."

Dem Bericht zufolge findet mehr als die Hälfte der Laser-Attacken während des Anflugs statt - anders also als beim Fall in London. Da wurde der Pilot beim Abflug geblendet. Die meisten Vorfälle ereignen sich in einer Höhe zwischen 3000 und 11 000 Fuß, also bis zu 3300 Metern. "Da sehen Sie, wie stark diese Dinger sind", sagt Raab.

Warum sind die Laser-Attacken so gefährlich?

Der An- und Abflug gelten als kritischste Phasen des Fluges. In dieser Zeit müssen die Piloten besonders konzentriert sein und permanent die Instrumente im Blick halten, die ihnen beispielsweise Flughöhe, Kurs und Geschwindigkeit anzeigen. Zwar können die meisten Verkehrsflugzeuge auch automatisch landen. In der Regel landen die Piloten im Endanflug aber manuell. Trifft sie in dieser kritischen Phase ein Laserstrahl im Auge, können sie die Instrumente nicht mehr ablesen und das Flugzeug ist in dieser Zeit nicht mehr unter vollständiger Kontrolle. Auch, wenn der Pilot den Laserstrahl nicht direkt ins Auge bekommt, kann es gefährlich werden. Denn wenn der Laserstrahl auf die Scheiben trifft, bricht das Licht und erhellt das am Abend abgedunkelte Cockpit blitzartig.

Warum ist es so schwer, dagegen vorzugehen?

Die meisten Täter postieren sich in den Einflugschneisen der Landebahnen. Die Laserpointer, die sie bei sich tragen sind - solange sie nicht eingesetzt werden - allerdings kaum zu erkennen. Die Geräte sind sehr klein. Es gibt nur wenige Fälle, in denen Täter nach einer Laser-Attacke auf Flugzeuge oder Hubschrauber gefasst wurden.

Und was droht, wenn die Täter doch gefasst werden?

Laser-Attacken sind im juristischen Sinne ein "gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr". Bei einer Verurteilung können Täter theoretisch bis zu fünf Jahre ins Gefängnis kommen. In Bautzen musste ein Mann, der mit einem Laserpointer einen Polizeihubschrauber blendete, für acht Monate in Haft. Die meisten bekannten Verfahren endeten bislang aber mit Geld- oder Bewährungsstrafen. Vermutlich auch, weil ein Vorsatz schwer nachzuweisen ist.

Gefahr durch gebündeltes Licht

Warum sind Laserpointer gefährlich für das Auge?

Während Glühlampen oder LED-Leuchtquellen in den ganzen Raum strahlen, ist das in einem Laser erzeugte Licht gebündelt und daher auf eine sehr kleine Fläche fokussiert. Trifft dieses bereits konzentrierte Licht auf die Pupille des Auges, steigert das die Intensität nochmals: Die Pupille wirkt wie eine Sammellinse und konzentriert das Licht genau auf die Netzhaut. Deshalb kann bereits ein Laserstrahl mit wenigen Milliwatt Leistung schwere, irreparable Augenschäden verursachen. Die Netzhaut wird dann regelrecht verbrannt.

Besonders gefährlich sei eine Verletzung der Makula, der Stelle des schärfsten Sehens der Netzhaut, erklärt der Bundesverband der Augenärzte BVA in einem Warnhinweis. Im Fachblatt Ophtalmology berichteten saudi-arabische Augenärzte von Netzhautblutungen und Löchern in der Makula bei 14 jungen Patienten. Nur bei vier Patienten verbesserte sich das Sehen spontan wieder, die anderen mussten behandelt werden. In den glimpflichen Fällen blendet der Lichtstrahl die Sinneszellen nur kurzzeitig, nach wenigen Minuten können sie sich wieder erholen. Solche Risiken sollte man keinesfalls eingehen und niemals mit einem Laserpointer auf die Augen von anderen Personen zielen, warnen die Augenärzte. Wird man von einem Laserstrahl getroffen, gilt: Augen schließen, Kopf wegdrehen.

Wie stark sind Laserpointer?

Das Schweizer Bundesamt für Metrologie (heute Eidgenössisches Institut für Metrologie) hat 2011 mehrere Dutzend Laserpointer beurteilt - 95 Prozent der Geräte lagen außerhalb des erlaubten Grenzwertes. Im privaten Gebrauch gilt für Laser auch in Deutschland laut Geräte- und Produktsicherheitsgesetz eine erlaubte Leistungsgrenze von einem Milliwatt. Die Schweizer maßen bei einzelnen Produkten eine bis zu tausendfache Überschreitung dieses Werts. Bereits ein Laserpointer mit 100 mW Leistung dürfte maximal für zwei Mikrosekunden - das heißt zwei Tausendstel einer Tausendstel Sekunde - auf das Auge treffen, ohne Schäden anzurichten. Im Durchschnitt braucht der Körper jedoch eine Viertelsekunde, um auf die Gefahr zu reagieren, also zu blinzeln oder sich abzuwenden - die Reaktionszeit ist also 125 000 Mal zu lang für derart intensive Strahlung.

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