Flüchtlinge in Berlin:Fast sechs Jahre Haft nach tödlichem Streit in besetzter Schule

  • Ein 41-Jähriger Mann aus Gambia ist wegen Totschlags zu fast sechs Jahren Haft verurteilt worden
  • Der Mann hatte in der besetzen Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin einen anderen Flüchtling erstochen.

"Die Tat war nicht durch Notwehr gerechtfertigt"

Sieben Monate nach dem gewaltsamen Tod eines Flüchtlings in der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin-Kreuzberg ist ein damaliger Mitbewohner zu fünf Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden. Das Landgericht sprach den 41-Jährigen am Freitag des Totschlags schuldig. "Die Tat war nicht durch Notwehr gerechtfertigt", heißt es in dem Urteil. Der Angeklagte hatte neunmal auf sein Opfer eingestochen, weil sich die beiden Männer nicht einigen konnten, wer als Erster die Dusche benutzen dürfte.

Der aus Gambia stammende Mann hatte die Stiche zugegeben, sich aber auf eine Bedrohungssituation berufen. Der von ihm attackierte Marokkaner starb nach der Attacke am 25. April. Der Staatsanwalt hatte sieben Jahre Haft für den Angeklagten gefordert, der Verteidiger auf Freispruch plädiert.

Flüchtlinge dürfen vorerst in der Schule bleiben

In dem Gebäude in Berlin-Kreuzberg, das früher als Schule genutzt wurde, wohnen zurzeit noch 45 Flüchtlinge. Beim inzwischen vor verschiedenen Gerichten ausgetragenen Streit um die vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg angekündigte Räumung der besetzten Schule haben die Flüchtlinge am vergangenen Mittwoch ein weiteres Mal Recht bekommen: Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg untersagte dem Bezirk vorläufig eine Räumung. Wie zuvor schon das Verwaltungsgericht bezog sich die Amtsrichterin auf eine zwischen den Flüchtlingen und dem Bezirk geschlossene Nutzungsvereinbarung vom Juli 2014, die ihnen das Wohnen in der Schule zusage.

Zugleich hat das Landgericht Berlin in zwei Eilverfahren entschieden, dass das Verwaltungsgericht grundsätzlich zuständig sei für alle Klagen der Flüchtlinge gegen die Räumung, teilte eine Gerichtssprecherin mit.

Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain pocht auf Hausrecht

Der Bezirk unterstrich nach den Entscheidungen, dass er sich durch die Gerichtsbeschlüsse nicht das Hausrecht und den Zugang zu der Schule nehmen lasse. Die Flüchtlinge müssten dem Bezirk ermöglichen, sich über die Fluchtwege zu informieren, sagte Bezirkssprecher Sascha Langenbach. In jüngster Zeit habe niemand vom Bezirk mehr die Schule betreten, weil Menschen bedroht worden seien. Sollten die Flüchtlinge dem Bezirk den Zugang zur Schule verwehren, werde man sich Hilfe von außen holen, also die Polizei um Amtshilfe bitten, so der Sprecher.

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