Familientrio:Wenn Omas zu Konkurrentinnen werden

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Ein Küsschen für die Oma: Enkel freuen sich, wenn sie viel Aufmerksamkeit bekommen.

(Foto: imago/Westend61)

Geht die Oma mit dem Enkel in den Zoo, steht die andere Oma wenige Tage später auch vor dem Löwengehege. Drei Experten verraten, wie Großeltern am besten mit der Situation umgehen.

Ursula P. aus Köln fragt:

Ich habe einen Enkel (3), der noch eine zweite Oma hat, die sich auch lieb kümmert. Seit einiger Zeit habe ich das Gefühl, dass sie mich als Konkurrentin sieht: Gehe ich mit ihm in den Zoo, fährt sie auch mit ihm hin. Bekommt er von mir ein Auto geschenkt, kauft sie ihm ein größeres. Ich weiß nicht, ob ich mir das einbilde, aber ich finde das unsinnig. Soll ich mit ihr sprechen oder sie ignorieren?

Drei Experten antworten:

Kirsten Boie: Dem Enkel wird dadurch nichts genommen

Das ist zwischen Großeltern ein gar nicht so seltenes Problem! Und ganz sicher wird die andere Oma leugnen, mit Ihnen zu konkurrieren, wenn Sie das Thema anschneiden - vielleicht weiß sie es selbst nicht einmal und möchte es auch nicht wissen. Denn hinter diesem Konkurrenzverhalten versteckt sich ja vermutlich eine große emotionale Bedürftigkeit.

Aber müssen Sie es überhaupt ansprechen? Schadet das Verhalten Ihrem Enkel? Doch eher nicht. Und auch Ihnen wird dadurch nichts weggenommen. Sie wissen ja selbst: Kinder lieben keineswegs immer denjenigen am meisten, der ihnen "am meisten bietet" oder schenkt. Kinder verschenken ihre Liebe ziemlich großzügig - und nach Kriterien, die von Erwachsenen keinesfalls immer durchschaut werden.

Und wenn hinter dem Verhalten der anderen Oma nicht nur die Angst steckt, beim Enkel nur an zweiter Stelle zu kommen, sondern auch ihre Liebe für das Kind: Dann freuen Sie sich einfach für Ihren Enkel. Kinder können gar nicht genug geliebt werden, und genug Großeltern haben können sie auch nicht!

Kirsten Boie
(Foto: Christian Charisius/dpa)

Kirsten Boie ist Schriftstellerin und Autorin von mehr als hundert Kinder- und Jugendbüchern, darunter die allseits bekannten und geliebten Geschichten "aus dem Möwenweg" oder die Abenteuer des kleinen "Ritter Trenk".

Jesper Juul: Es kommt auf die Beziehung zur anderen Oma an

Ob Sie mit ihr reden sollen oder nicht, hängt davon ab, was für eine Art von Beziehung Sie künftig mit ihr führen möchten. Wenn Sie eine gute und freundschaftliche Beziehung wünschen, raten ich Ihnen, dass Sie damit anfangen, Sie in die Ausflüge mit Ihnen und Ihrem Enkelsohn einzuladen, wenn Sie etwa in den Zirkus gehen oder so etwas (sofern das überhaupt geografisch möglich ist). Indem sich die Beziehung zu ihr festigt, können Sie die zweite Oma fragen, wie sie das Ganze sieht - damit Sie beide diese Art des Wettbewerbs beenden können.

Wenn Ihnen die Beziehung zu ihr nicht so wichtig ist, sollten Sie aufhören, ihr Verhalten verstehen zu wollen. Aus Sicht des Jungen ist das eine coole Sache, und wenn die Situation den Eltern des Kindes nicht gefällt, so ist es deren Aufgabe, mit der zweiten Oma darüber zu sprechen.

Was auch immer die Erwachsenen zu ihrer Angelegenheit machen oder entscheiden: Das Wohl des Jungen ist nicht in Gefahr.

Familientrio: Jesper Juul

Jesper Juul

(Foto: Anne Kring)

Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark und Autor zahlreicher internationaler Bestseller zum Thema Erziehung und Familie.

Collien Ulmen-Fernandez: Toll, dass Ihr Enkel zwei Großmütter hat!

Entschuldigen Sie bitte, aber über Ihre Frage musste ich sehr lachen. Ich stelle mir vor, wie das Ganze eskaliert und sich zwei wettstreitende Omas in einem Shaolin-Kampf gegenüberstehen. Konkurrenz gibt es überall, wo sich zwei Menschen mit vergleichbaren Aufgabenstellungen begegnen, deshalb werden in amerikanischen Unternehmen viele Stellen doppelt besetzt. Beide Seiten strengen sich an, das Gegenüber zu übertrumpfen, am Ende profitiert das Unternehmen.

In Ihrem Fall ist es der Enkel, der profitiert: Er darf oft in den Zoo. Aber warum sollte der Oma-Job auch frei von jedem Konkurrenzdruck bleiben, wenn sich sogar Kleinkinder schon einen Wettstreit um Aufmerksamkeit liefern? Toll ist doch: Der kleine Herr hat zwei Großmütter (hat nicht jeder!), die sich beide um ihn kümmern (tut ihm gut!), er kriegt Geschenke (immer bessere!) und hat in jedem Fall eine gute Zeit. Und das ist doch das Allerwichtigste im Oma-Job.

Familientrio: Collien Ulmen-Fernandez

Collien Ulmen-Fernandez

(Foto: Anatol Kotte)

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat bereits mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie an familientrio@sueddeutsche.de.

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