Ich stelle mir Ihren Urlaub so vor: Ihre Kinder helfen abends, und die anderen Eltern staunen, was Kinder so alles können. Alles erscheint so einfach, als hätten Sie alles im Griff. Und das haben Sie ja auch. Sie haben gesät, nun können Sie ernten: Kinder, die im Familiengefüge eine wichtige Rolle haben und in ihre Verantwortung hineinwachsen. Gleich muss ich weinen vor Rührung. Dass es das noch gibt! In Deutschland! In anderen Ländern ist es völlig normal, und keiner muss ein Kind trösten oder belohnen, weil es seinen Platz in der Familie hat. Ihre Kinder müssten automatisch Sondergenehmigungen erhalten, weil sie sich erwachsener verhalten als die anderen Kinder. Sie dürften länger aufbleiben, dürften mehr mitentscheiden, Dinge allein tun. Vielleicht klappt das nur, wenn Ihre Kinder wissen, dass das alles ein groß angelegter Plan einer verschworenen Gemeinschaft ist. Also bleiben Sie bei Ihrer Linie. In meiner Wunschvorstellung wäre es übrigens so, dass die Kinder der anderen Familie sich schämen und sich wünschen, sie hätten auch eine Aufgabe, und man würde ihnen auch etwas zutrauen.
Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit Tochter, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt vor allem Kurzgeschichten und Romane, aber auch Theaterstücke sowie Kinder- und Jugendbücher. Ihr Buch "Mädchenmeute" erhielt 2016 den Deutschen Jugendliteraturpreis.