Familiensynode in Rom:Hoffen auf ein Wort des Wandels

Familiensynode in Rom: Papst Franziskus bei der Familiensynode in Rom.

Papst Franziskus bei der Familiensynode in Rom.

(Foto: AP)
  • Am Samstagnachmittag geht die Familiensynode in Rom mit einer Abschlusserklärung der 270 Bischöfe zu Ende; drei Wochen dauerten die kontrovers geführten Debatten.
  • Wie soll die Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen umgehen? Wie mit Homosexuellen und nicht-getrauten Paaren? Verbindliche Aussagen dazu dürften eher nicht zu erwarten sein.
  • Viele hoffen jetzt auf klare Worte von Papst Franziskus selbst.

Von Matthias Drobinski, Rom

Papst Franziskus, ein kranker Mann? Die italienische Zeitung Il Resto del Carlino verschafft sich mit der Story über einen angeblichen gutartigen Hirntumor weltweite Aufmerksamkeit. Die Geschichte entpuppt sich schnell als falsch - und doch ist sie nicht vorbei. "Einige Personen sind nervös", kommentiert Kardinal Walter Kasper den Bericht, der Exponent der Reformer auf der gerade in Rom zu Ende gehenden Familiensynode. Und die Vatikan-Zeitung Osservatore Romano empört sich über die "manipulative Absicht" des Berichts. Für Kasper wie für die Vatikan-Zeitung ist klar: Die Glaubwürdigkeit des Papstes soll erschüttert werden.

Der Papst hat Feinde, die mit härtesten Bandagen gegen seinen Kurs arbeiten, gerade jetzt, da im Vatikan 270 Bischöfe darum ringen, wie die katholische Kirche künftig über Ehe, Familie und Sexualität reden soll. Das hört man immer wieder von jenen Bischöfen, die sich für Veränderungen in der katholischen Kirche einsetzen. Sofort allerdings fügen sie dann hinzu: Auf die Synodenberatungen hat dies alles keine Auswirkungen. Es gebe harte Debatten, aber keine Feindschaften - und eine Offenheit wie lange nicht.

Allerdings dürften die drei Wochen Beratungen in Rom mit einer Enttäuschung für alle enden, die sich konkrete Änderungsvorschläge erwartet haben. Der Entwurf für den Abschlussbericht sei "eher allgemein", hat der Erzbischof von Mumbai, Kardinal Oswald Gracias gesagt, ein Mitglied jener Redaktionskommission, die 1350 Änderungen in den Text einbauen musste. Tatsächlich: In dem - streng geheimen - Entwurf ist, so heißt es in Kirchenkreisen, weder die Rede von einer Einzelfallregelung für Geschiedene, die wieder geheiratet haben, noch gibt es ein explizites Entgegenkommen für homosexuelle Partnerschaften oder Paare, die ohne Trauschein zusammenleben.

Vatikan

SZ-Grafik; Quelle: Bund der Deutschen Katholischen Jugend

Der Text, der 83 Abschnitte umfasst, bemühe sich jedoch um größtmögliche Offenheit und vermeide eine ausschließende Sprache - in diesem Sinne können Katholiken, die in bislang "irregulär" genannten Beziehungen leben, auf ein bisschen mehr Barmherzigkeit bauen. Vor allem aber legt der Entwurf die letzte Entscheidung in die Hände von Papst Franziskus. "Es ist schon paradox," sagt ein Kirchenmann, "der Papst will mehr Synodalität - und die Synode sagt: Heiliger Vater, entscheide du."

Konservative zeigten Grenzen auf

Noch ist das Dokument nicht fertig: Erst an diesem Samstagnachmittag stimmen die Synodalen Abschnitt für Abschnitt ab. Bis dahin wird um letzte Formulierungen gerungen, zum Beispiel auch darum, ob jener Passus der deutschen Sprachgruppe übernommen wird, in dem die Bischöfe um Vergebung bitten für die harschen Verurteilungen Alleinerziehender oder Homosexueller.

Die Moderation für diesen letzten Abstimmungsprozess hat der Wiener Kardinal Christoph Schönborn übernommen, der als Brückenbauer zwischen den Strömungen in der Synode gilt. Noch ist es zwar wahrscheinlich, aber noch nicht klar, dass das Abschlussdokument veröffentlicht wird. Diese Entscheidung liegt bei Papst Franziskus, wie es überhaupt im Ermessen des Papstes liegt, ob er sich den Text zu eigen macht oder ein eigenes nachsynodales Schreiben verfasst.

Nach Ansicht vieler Beobachter hat eine starke konservative Gruppe auf dieser Synode auch Papst Franziskus die Grenzen aufgezeigt: Obwohl Franziskus in vielen Ansprachen deutlich gemacht hat, dass er sich eine Kirche wünscht, die sich den Verwundeten des Lebens zuwendet, statt auf Lehrsätzen zu beharren, gibt es am Ende der Beratungen in Rom ein Patt zwischen denen, die dem Papst dabei folgen wollen, und jenen, denen das zu weit geht. Geradezu demonstrativ wählten am Freitag die Afrikaner Kardinal Robert Sarah zu einem ihrer Sprecher für die nächste Versammlung: Sarah hatte während der Beratungen Nationalsozialismus, Kommunismus, den Terror des IS und den westlichen Liberalismus auf eine Stufe gestellt.

Franziskus' Predigt am Sonntag wird mit Spannung erwartet

Entsprechend wird mit Spannung erwartet, was der Papst zum Abschluss der Synode und was er in der Predigt am Sonntag sagen wird. Die Reformer unter den Bischöfen hoffen, dass er bei einer dieser Gelegenheiten noch einmal ein klares Zeichen setzt, wofür er steht und wohin seine Kirche gehen soll. Immerhin wird die Synode ihn dezidiert um diese Weisung bitten. Die Reformer hoffen auf ein Wort des Papstes, die Bewahrer fürchten es - auch deshalb keimte nach dem Bericht über die angebliche Erkrankung des Papstes sofort der Verdacht, es sollte Franziskus als unzurechnungsfähig hingestellt werden.

Eine Neuerung immerhin ist seit Donnerstagabend unumkehrbar: Papst Franziskus kündigte an, eine eigene Kongregation, ein Ministerium also, für Laien, Familie und Lebensschutz einzurichten. Eine echte Überraschung ist das nicht, wohl aber ein Zeichen: Das Thema soll auf höchster Ebene präsent bleiben.

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