Familiendrama von Eislingen:Wiedergutmachung unmöglich

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Frederik B., der für seinen Freund Andreas H. dessen Eltern und Schwestern erschossen haben soll, beginnt zu begreifen, was er angerichtet hat: Den Vierfachmord von Eislingen.

Er spricht von einem "Leben wie im Film": Der mutmaßliche Vierfachmörder von Eislingen hat die kaltblütige Tat nicht nur gestanden. "Während andere solche Filme geschaut haben, haben wir es getan", schrieb der 19-jährige Frederik B. Anfang Dezember seinem Anwalt in einem nun im Gerichtssaal verlesenen Brief. Der mitangeklagte Sohn der getöteten Familie und er hätten sich über die Mordabsichten zunächst sogar lustig gemacht: "Wir haben alle Bedenken mit einem Witz oder lockeren Spruch abgetan." Vielleicht habe sein Freund Andreas H. seinen Hass nur so aushalten können.

Aus Habgier soll Andreas H. seinen Freund Frederik B. dazu gebracht haben, seine Familie auszulöschen. (Foto: Foto: dpa)

Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Angeklagten vor, in der Nacht zum Karfreitag gemeinsam die beiden Schwestern und die Eltern von Andreas H. mit 30 Schüssen ermordet zu haben. Es soll um viel Geld gegangen sein: Der Nachlassverwalter der Getöteten sagte im Landgericht Ulm, das Vermögen der Familie habe etwa 800.000 Euro betragen. Bisher war lediglich von einem Schweizer Konto mit rund 256.000 Euro Guthaben die Rede gewesen. Zusätzlich habe die Familie Immobilien und Grundstücke besessen, sagte der Nachlassverwalter aus.

Die Angeklagten hatten bereits an einem anderen Prozesstag gestanden, dass Frederik B. die Schüsse allein abgegeben hat. Andreas H. habe sich in seiner Familie nicht wohl gefühlt und bereits 2008 Tötungsabsichten entwickelt.

Frederik B. berichtete in dem Brief, den sein Anwalt im Gericht verlas, auch über den Tattag. Als er auf die ältere Schwester von Andreas H. geschossen habe, habe diese gefragt: "Hey, was soll der Scheiß?" Andreas H. habe daraufhin gesagt: "Ja, so ist sie, arrogant bis zum Schluss." Den Morgen nach der Tat beschrieb er als "Wir-haben-sie-tot-gefunden-Schau". Andreas H. hatte die Polizei alarmiert, weil er seine Schwestern und Eltern angeblich tot aufgefunden habe. Polizisten und Rettungssanitäter sagten vor Gericht aus, die beiden Angeklagten seien damals "aufgelöst" gewesen. Sie hätten ihnen die Opferrolle abgenommen.

Als Zeugen sagten nun erstmals Vertreter von Vereinen aus, in denen Andreas H. Mitglied war. Der Jugendleiter der Schützengilde berichtete von einem fröhlichen Jungen, der sich durch seine Art den Spitznamen "Gute-Laune-Bär" erworben habe. Nach einem Einbruch im Vereinsheim, bei dem die mutmaßlichen Täter die Tatwaffen gestohlen haben sollen, habe niemand die beiden verdächtigt.

Sowohl die Tatwaffen als auch 17 weitere Waffen, die bei Frederik B. und Andreas H. gefunden wurden, sollen aus dem Einbruch in das Schützenheim stammen, den die beiden ein halbes Jahr vor der Tat verübten. Frederik B. schrieb in dem Brief weiter, Andreas H. habe bei den Planungen sogar darüber gewitzelt, ein Buch über die Tat zu schreiben, wenn er im Gefängnis säße. Außerdem hätten sie darüber nachgedacht, dass Frederik B. seinen Freund anschießen solle, um ihm ein Alibi zu verschaffen. Seinem Freund habe er immer nur gefallen wollen.

Erst jetzt - Anfang Dezember - habe er begonnen zu begreifen, was die Tat bedeutet, schrieb Frederik B. weiter. Er habe sich weder Gedanken darüber gemacht, was es bedeute, wenn alle tot seien und er sich nicht entschuldigen, es nicht wiedergutmachen könne. "Ich habe nie daran gedacht, wie viele Menschen ich damit unglücklich mache." Er habe auch das Leben seiner eigenen Eltern zerstört, bei denen er es eigentlich immer gut gehabt habe und die stolz auf ihn gewesen seien.

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