Fährunglück vor Südkorea:Handyvideo belastet Crew der "Sewol"

Fährunglück vor Südkorea: Ein Verwandter eines auf der Sewol Vermissten trauert am Hafen von Jindo. Die gelben Schleifen werden im ganzen Land als Zeichen der Trauer getragen.

Ein Verwandter eines auf der Sewol Vermissten trauert am Hafen von Jindo. Die gelben Schleifen werden im ganzen Land als Zeichen der Trauer getragen.

(Foto: Ed Jones/AFP)

Kapitän und Besatzung der vor Südkorea gekenterten Fähre sitzen in Untersuchungshaft. Ein nun aufgetauchtes Handyvideo wirft neue Fragen auf. Der Film soll kurz vor dem Kentern entstanden sein.

Zwölf Tage nach dem Untergang der Fähre Sewol vor Südkorea hat der südkoreanische Sender JTBC ein etwa dreiminütiges Handyvideo veröffentlicht, das Szenen kurz vor dem Untergang des Schiffs zeigt. Die Suchmannschaften fanden das Smartphone den Berichten zufolge bei der Leiche eines verunglückten Schülers und werteten die noch intakte Speicherkarte aus, nachdem diese ihnen vom Vater des Opfers übergeben worden war.

Zu hören soll dem Sender CNN zufolge unter anderem ein Schrei eines jungen Passagiers sein: "Mama, Papa, Mama, Papa, was ist mit meinem kleinen Bruder?" Zwischen die Stimmen mischt sich offenbar eine Lautsprecherdurchsage der Crew: "Bitte gehen Sie nicht, bleiben Sie dort, wo Sie jetzt sind." Es sollen auch scherzende Passagiere zu hören sein, die den Ernst der Lage offenbar zu dem Zeitpunkt der Schräglage noch nicht erkannt hatten. Einer soll "Dieser Ausflug hat sich echt erledigt" gesagt haben.

"Denkst du, dass ich wirklich sterben muss?", ist auf dem Video weiter zu hören. "Was ist los?", fragt jemand. "Es (das Schiff) kippt sehr stark. Wir rutschen auf die Seite... kann mich nicht bewegen." Dann sind Menschen zu hören, die nach Rettungswesten fragen und sich offenbar gegenseitig beim Anlegen der Westen helfen. Mit den Sätzen "Sie sollten uns wissen lassen, was los ist" und "Was macht eigentlich der Kapitän?" endet das Handyvideo.

Allen 15 leitenden Besatzungsmitgliedern der Sewol droht nach dem Unglück eine Anklage wegen Fahrlässigkeit. Der Kapitän soll als einer der Ersten von Bord der sinkenden Fähre gegangen sein.

Schlechtes Wetter erschwert derzeit die Suche nach den noch vermissten Passagieren. Starker Wind und hohe Wellen hätten die Bergungsarbeiten am Montag vor der Südwestküste Südkoreas gestoppt, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap.

Captain's escape

Auf diesem Foto ist zu sehen, wie der Kapitän die sinkende Fähre verlässt.

(Foto: dpa)

Mehr als die Hälfte jener 64 Kabinen des Schiffs, in denen Eingeschlossene vermutet wurden oder werden, seien bisher durchkämmt worden, heißt es von offzieller Stelle. Bisher wurden 188 Todesopfer des Unglücks geborgen. Weitere 114 Menschen gelten zum jetzigen Zeitpunkt noch als vermisst. Die Fähre war am 16. April mit 476 Passagieren gekentert. An Bord waren etwa 300 Schüler, die auf dem Ausflug zur Ferieninsel Jejudo gewesen waren.

Südkoreas Ministerpräsident Jung Hong-Won hatte in der vergangenen Woche wegen seines schlechten Krisenmanagements seinen Rücktritt erklärt. Die anfängliche Reaktion der Regierung auf das Unglück sei mangelhaft gewesen, sagte Jung. Dafür wolle er die Verantwortung übernehmen und zurücktreten.

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