Exorzismus-Prozess:"Sie hatte Angst und murmelte Unverständliches"

  • Im Prozess um eine tödliche Teufelsaustreibung in einem Frankfurter Hotelzimmer hat der erste der fünf Angeklagten detaillierte Angaben zur Tat gemacht.
  • Die Familie war nach Überzeugung der Ermittler Mitglied einer christlichen koreanischen Sekte.
  • Von einer Teufelsaustreibung sprach der junge Mann zunächst nicht.

Von Susanne Höll

Im Mordprozess um eine rätselhafte Teufelsaustreibung mit tödlichem Ende hat einer der fünf südkoreanischen Angeklagten sein Schweigen gebrochen. Der 22 Jahre alte Taewan K. bestritt vor dem Frankfurter Landgericht, seine 41-jährige Nenntante Seonhwa P. vor knapp einem Jahr zusammen mit anderen Familienmitgliedern bewusst grausam zu Tode gequält zu haben.

Das Geschehen tue ihm "unendlich leid", er habe nicht geahnt, dass die Frau sterben könnte und ihren Tod auch nicht billigend in Kauf genommen, teilte der Angeklagte über seine Anwälte mit. Die Verteidiger ließen auch erkennen, dass, wenn überhaupt, nicht ihr Mandant, sondern dessen ebenfalls angeklagte Mutter Doean K. die Verantwortung für den von der Staatsanwaltschaft angeprangerten Gewaltexzess in einem Frankfurter Hotel im Dezember 2015 trägt.

Die später Getötete war im August zusammen mit sechs Familienmitgliedern, darunter ihrem eigenen Sohn, nach Deutschland gekommen, wo sie ein Import-Export-Geschäft eröffnen wollten. Sie mieteten ein Haus in Sulzbach bei Frankfurt, wo sich, so der Angeklagte Taewan K., allerdings bald übernatürliche Dinge zugetragen haben sollen.

Die Familie war nach Überzeugung der Ermittler Mitglied einer christlichen koreanischen Sekte. Seine Tante sei wegen der seltsamen Vorgänge im Haus schon Tage vor der Tat erregt gewesen, habe sehr viel gebetet und den anderen Familienmitgliedern symbolische Kreuze auf die Stirn gemalt. Im Hotelzimmer erlitt die Frau dann offenbar einen psychotischen Anfall.

Unheimliche Schatten nahe der Garage

Sie glaubte, so der Angeklagte, bei einem letzten Besuch der Familie in dem Sulzbacher Haus kurz zuvor einen unerklärlichen Schatten nahe der Garage gesehen zu haben. "Sie hatte Angst und murmelte Unverständliches", ließ er erklären. Die übrigen Familienmitglieder hätten vergeblich versucht, "sie zu beruhigen", zitierten ihn die Anwälte. Aber ihr Zustand habe sich nicht gebessert, im Gegenteil, er habe sich verschlechtert.

Die Familie habe einen Arzt rufen wollen, aber das habe seine Tante in Momenten geistiger Klarheit abgelehnt, berichtete der 22-Jährige. Sie habe sich und andere geschlagen, gebissen und sich dabei den Mund blutig verletzt. Daraufhin habe man ihre Blutung mit einem Handtuch zu stillen versucht, sie an Armen, Beinen und am Kopf festgehalten, um sie vor sich selbst zu schützen.

Von einer Teufelsaustreibung sprach der junge Mann zunächst nicht. Auch will er nicht gesehen haben, dass andere seiner Tante brutal auf den Kopf oder den Brustkorb schlugen. Als seine Tante ruhig wurde, sei er davon ausgegangen, sie sei eingeschlafen. Der von einem herbeigerufenen Pfarrer einer koreanischen Gemeinde in Frankfurt festgestellte Tod der Frau habe ihn entsetzt.

Verwundert zeigten sich K.s Anwälte über das Verhalten von dessen Mutter Doean K., die bislang jede Einlassung zu den Vorwürfen ablehnt. "Wir hätten es begrüßt, wenn zunächst die Mutter gesprochen hätte", sagte der Anwalt mit Verweis auf die in Südkorea üblichen Familienhierarchien und Gepflogenheiten.

Die Verteidiger machten auch deutlich, dass sie die 45 Jahre alte Doean K. in einer Schlüsselrolle sehen. Sie ist die mit Abstand Älteste und hierarchisch Höchstgestellte des zusammengewürfelten Familienclans, der nun vor Gericht steht. "Auch wenn es uns befremdlich erscheint, sind in Korea Widerworte (von Kindern) selten. Dem Willen von Autoritäten beugt man sich", sagte der Anwalt. Angeklagt sind auch die Tochter von Doean K., der 16 Jahre alte Sohn der Toten sowie dessen gleichaltriger Cousin.

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