Ex-Todeskandidatin Debra Milke:"Ein Schmerz, der die Seele verbrennt"

Debra Milke

Debra Milke kurz vor ihrer endgültigen Freilassung.

(Foto: AP)
  • Die ehemalige US-Todeskandidatin Debra Milke hat sich erstmals nach ihrer Freilassung öffentlich geäußert.
  • Der Mord an ihrem Sohn sei für sie eine schreckliche Tragödie gewesen. Sie habe damit nichts zu tun gehabt.
  • Milke war 1990 zum Tode verurteilt worden, weil sie 1989 zwei Männer angestiftet haben soll, ihren damals vierjährigen Sohn Christopher zu töten.
  • Für ein angebliches Geständnis, das sie bei einem Polizisten abgelegt haben soll, gab es aber nie Beweise.

Milke: Hatte nichts mit dem Mord zu tun

Nach einem jahrzehntelangen Kampf gegen ihre Verurteilung hat sich die ehemalige US-Todeskandidatin Debra Milke erstmals nach ihrer endgültigen Freilassung öffentlich zu dem Fall geäußert. "Ich hatte absolut nichts mit dem brutalen Mord an meinem Sohn Christopher zu tun", sagte die gebürtige Berlinerin am Dienstag in Phoenix. "Ein Kind durch einen Mord zu verlieren, ist eine schreckliche Tragödie mit unbeschreiblichem Leid, das keinen Eltern jemals widerfahren sollte", sagte Milke, der während der Pressekonferenz immer wieder die Stimme versagte.

"Es ist die größte überhaupt vorstellbare Form von Schmerz, der die Seele verbrennt." Einzig die Anschuldigung, eines solchen Mordes beschuldigt zu werden, sei gleichermaßen schlimm. Nun, in Freiheit, wolle sie "einen Tag nach dem anderen" angehen. "Ich weiß nicht, was jetzt ist."

Milke dankte ihren Rechtsanwälten, die jahrelang für die Freilassung der insgesamt 24 Jahre - davon 22 Jahre im Todestrakt - inhaftierten Milke gekämpft hatten. Vor zwei Jahren war sie gegen Auflagen aus dem Gefängnis freigekommen. Am Montag entschied ein Gericht schließlich, das Verfahren wegen der Ermordung ihres kleinen Sohnes endgültig einzustellen.

Todesurteil vor fast 25 Jahren

Die Tochter einer Deutschen und eines Amerikaners war 1990 zum Tode verurteilt worden, weil sie 1989 zwei Männer angestiftet haben soll, ihren damals vierjährigen Sohn Christopher zu töten. Statt zum versprochenen Besuch beim Weihnachtsmann in einem Einkaufszentrum fuhren die beiden Bekannten der Frau mit dem Jungen zu einem trockenen Flusslauf in der Wüste und streckten ihn mit drei Schüssen in den Hinterkopf nieder. Die Männer wurden ebenfalls zum Tode verurteilt und sind in Haft.

Milke beteuerte stets ihre Unschuld. 2013 hob ein Berufungsgericht in San Francisco das Todesurteil gegen sie auf. Es gebe keine direkten Beweise, die Milke mit der Tat in Verbindung gebracht hätten, entschied die Kammer. Der einzige Zeuge war ein Polizist, der im ursprünglichen Prozess ausgesagt hatte, dass Milke ihm die Mitschuld an dem Mord gestanden habe. Das konnte er aber weder mit Notizen noch mit einer Tonband-Aufzeichnung belegen. Der mittlerweile pensionierte Ermittler wurde zudem später überführt, in anderen Fällen vor Gericht Falschaussagen gemacht zu haben.

Milke kam gegen umgerechnet 235 000 Euro Kaution auf freien Fuß, unterliegt aber einer nächtlichen Ausgangssperre und darf keinen Alkohol trinken, bis das Verfahren endgültig beendet ist. Im vergangenen Dezember entschied ein Berufungsgericht, die Mordanklage fallenzulassen. Eine Neuauflage des langen Prozesses verstoße gegen die US-Verfassung, weil niemand zweimal für dasselbe Verbrechen vor Gericht gestellt werden dürfe. Nun scheiterte die Staatsanwaltschaft beim Supreme Court des Staates mit ihrem Widerspruch dagegen.

Staatsanwaltschaft kritisiert Entscheidung

Der Chefankläger Bill Montgomery kritisierte die Entscheidung. Das Gericht habe "Kriminalitätsopfer, vor allem Christopher, ihrer Rechte auf Fairness, ein ordentliches Verfahren und Gerechtigkeit beraubt". In einer Mitteilung sprach er von einem "schwarzen Tag für Arizonas Strafjustizsystem".

Milkes Anhänger hingegen bejubelten die Entscheidung in den sozialen Medien. Ihre Verteidiger reichten eine Schadensersatzklage gegen den Staat und die Polizei wegen ihrer ungerechtfertigten Inhaftierung ein.

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