ESC 2019:Bühne gesucht

Eurovision Song Contest 2018 - Finale

Die Sängerin Netta aus Israel trat mit dem Song "Toy" beim Finale des 63. Eurovision Song Contest an - und freut sich über ihren Sieg.

(Foto: picture alliance / Jörg Carstens)

Nach Netta Barzilais Sieg steht fest: Der nächste Eurovision Song Contest soll in Israel stattfinden. Doch in welcher Stadt? Premier Netanjahu will sich jetzt doch raushalten.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Soll der nächste Eurovision Songcontest (ESC) in Jerusalem stattfinden oder doch in einer anderen Stadt? Über diese Frage ist in Israel ein heftiger Streit ausgebrochen. Unmittelbar nach dem Sieg von Netta Barzilai am 12. Mai in Lissabon hatten sich sowohl die Sängerin selbst als auch Premierminister Benjamin Netanjahu dafür ausgesprochen, den Gesangswettbewerb im nächsten Jahr in Jerusalem auszutragen, was von den Palästinensern als politischer Affront gewertet wurde: Israelis sehen Jerusalem als ihre Hauptstadt, Palästinenser beanspruchen Ostjerusalem als Hauptstadt des von ihnen angestrebten eigenen Staates.

Kulturministerin Miri Regev sagte erst dieser Tage: Wenn der Wettbewerb nicht in Jerusalem stattfinde, sei es besser, ihn gar nicht in Israel abzuhalten. Netanjahu allerdings ging das wohl zu weit, er hat eine Kehrtwende vollzogen. Nachdem er sich laut einem Fernsehbericht mit Finanzminister Mosche Kahlon, Kommunikationsminister Ayoub Kara sowie Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit beraten hat, gab er als Devise aus: Israelische Politiker werden sich nicht einmischen bei der Auswahl jener Stadt, in der der nächste Songcontest abgehalten wird.

Traditionell wird im Folgejahr im Heimatland der Gewinnerin oder des Gewinners der Wettbewerb ausgetragen. In Jerusalem fand der ESC bereits 1979 und 1999 statt. Neben Jerusalem bewerben sich nun auch Tel Aviv, Haifa und Eilat.

Der Veranstalter des Songcontests, die European Broadcasting Union (EBU), soll laut israelischen Medienberichten verärgert über die Politisierung des Wettbewerbs gewesen sein und sich eine Einmischung verbeten haben. Ein EBU-Sprecher erklärte auf Anfrage, es sei noch keine Entscheidung über den Ort für den Eurovision Songcontest 2019 getroffen worden, auch ein Datum stehe noch nicht fest. Gespräche über logistische Fragen hätten begonnen. Die finale Entscheidung werde von der als Gastgeber fungierenden Fernsehanstalt zusammen mit der EBU und ihren Mitgliedern getroffen - üblicherweise zwischen Juli und Oktober. Von Reisebuchungen wird auf der ESC-Facebook-Seite zum jetzigen Zeitpunkt abgeraten.

Zusätzlich angefacht wurde der Streit über den Eurovision Songcontest durch die Diskussionen um eine weitere vermeintlich unpolitische Großveranstaltung, die durch ihren Austragungsort eine politische Dimension angenommen hat: ein für vergangene Woche geplantes Fußballspiel gegen Argentinien. Der Freundschaftskick hatte ursprünglich in Haifa stattfinden sollen, wurde dann aber nach Jerusalem verlegt - auf Drängen von Miri Regev, die als Ministerin nicht nur für Kultur, sondern auch für Sport zuständig ist. Der palästinensische Verband protestierte gegen die Verlegung, der Verbandschef forderte den argentinischen Stürmerstar Lionel Messi auf, nicht in Jerusalem zu spielen, dieser wurde von Fans auch direkt bedroht. Daraufhin sagte Argentinien das Länderspiel ab. Israelische Politiker kritisierten das als Eingehen auf Forderungen einer Boykott-Bewegung, die Palästinenser feierten die Stornierung als Erfolg. Kritiker werfen Netanjahu in der ESC-Diskussion nun vor, er habe sich von der Absage des Fußballspiels beeindrucken lassen.

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