Ermyas-Prozess:Chronologie eines brutalen Überfalls

Die Attacke auf den Deutsch-Äthiopier Ermyas Mulugeta in Potsdam hat im April 2006 - kurz vor Beginn der Weltmeisterschaft - nicht nur bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Die Chronik eines Überfalls, der beinahe tödlich endete.

16. April 2006: Gegen 3.30 Uhr steht der 37-jährige Deutsch-Äthiopier Ermyas Mulugeta an einer Straßenbahnhaltestelle in Potsdam. Um 3.58 Uhr ruft er seine Frau an, es springt die Mailbox an. Später werden darauf die Stimmen der mutmaßlichen Täter gefunden. Worte wie "Scheißnigger" fallen. 4.05 Uhr: Ein Taxifahrer hält an, als er nahe der Haltestelle einen Mann liegen sieht und zwei Gestalten, die sich über diesen beugen. Die beiden flüchten. Um 4.08 Uhr trifft der erste Streifenwagen ein. Ermyas Mulugeta ist lebensgefährlich verletzt.

17. April: Die Polizei gibt bekannt, dass sie wegen versuchten Mordes ermittelt und spricht von einem fremdenfeindlichen Motiv.

18. April: Generalbundesanwalt Kay Nehm zieht die Ermittlungen an sich.

19. April: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilt den Überfall. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) warnt vor einer voreiligen Festlegung auf das Motiv.

20. April: Auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) meldet Zweifel an einem fremdenfeindlichen Hintergrund der Tat an. Wenig später verkündet die Bundesanwaltschaft die Festnahmen von zwei Männern. Es gebe erhebliche Verdachtsmomente für Ausländerhass und eine rechtsextremistische Gesinnung der Täter, heißt es.

21. April: Der Bundesgerichtshof (BGH) erlässt gegen beide Männer - Björn L. und Thomas M. - Haftbefehle.

28. April: Das Opfer schwebt nicht mehr in Lebensgefahr.

23. Mai: Die Haftbefehle werden aufgehoben. Begründung: Es bestehe kein dringender Tatverdacht mehr. Einen Tag später wird Björn L. wieder verhaftet - es soll neue Beweise geben.

26. Mai: Nehm gibt die Ermittlungen an die Potsdamer Staatsanwaltschaft ab.

22. August: Die Staatsanwaltschaft Potsdam erhebt Anklage. Dem Hauptbeschuldigten Björn L. wird unter anderem gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, Thomas M. gemeinschaftliche Beleidigung und unterlassene Hilfeleistung.

22. September: Der Haftbefehl gegen Björn L. wird außer Vollzug gesetzt.

7. Februar 2007: Der Prozess gegen die beiden Angeklagten beginnt.

21. März 2007: Ein DNA-Gutachten bringt aus Sicht der Nebenklage keine Beweise für die Täterschaft von Thomas M. 4. Mai 2007: Ein Stimmgutachten des Landeskriminalamtes identifiziert Björn L. nicht eindeutig als Sprecher auf dem Mailbox-Mitschnitt. Es nennt eine untere Wahrscheinlichkeitsstufe.

13. Juni 2007: Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklage fordern Freisprüche.

15. Juni 2007: Die 4. Große Strafkammer verkündet Freisprüche für beide Angeklagte.

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