Ermittlungen zum Unglück auf der Gorch Fock:Streit um ein paar Pfunde

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Die Familie der auf der Gorch Fock tödlich gestürzten Soldatin wehrt sich gegen Vorwürfe, die junge Frau sei nicht bordtauglich und zu dick gewesen. Daneben gibt es Hinweise, dass der damalige Ausbilder nur ungenügend eingewiesen wurde.

Nach dem tödlichen Unfall einer Offiziersanwärterin auf der Gorch Fock muss sich die Familie der jungen Frau gegen neue Vorwürfe wehren. Die Mutter der verunglückten Kadettin ließ am Dienstag einen Bericht der Bild-Zeitung zurückweisen, wonach die 25-Jährige zu dick für den Dienst an Bord gewesen sei.

War die tödliche verunglückte Sarah S. körperlich nicht geeignet, um auf der Gorch Fock Dienst zu leisten? Ein Ausbilder soll angeblich ein "ungutes Bauchgefühl" gehabt haben. (Foto: dpa)

Das Blatt hatte unter Berufung auf interne Ermittlungen der Marine gemeldet, die Soldatin habe bei einer Größe von 1,58 Metern 83 Kilo gewogen. Rechtsanwalt Thomas Kock sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Mutter sei "erschüttert" über diese Angaben. Die verunglückte Sarah S. sei "eine schlanke sportliche Frau" gewesen.

Wo die unzutreffende Gewichtsangabe herkomme, sei ihm unklar, sagte der Anwalt. Bisher habe er bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Kiel keine Akteneinsicht erhalten. Die Mutter berichtete der in Hameln erscheinenden Deister- und Weserzeitung, eine Woche vor dem Unglück sei ihre Tochter noch bei ihr in Bodenwerder gewesen. Dabei hätte ihr auffallen müssen, wenn Sarah so deutlich zugenommen hätte. "Sarah war topfit und sportlich. Sie hat immer um die 55 bis 58 Kilo gewogen." Ein angebliches Gewicht von 83 Kilo sei "völlig an den Haaren herbeigezogen".

Die Bild-Zeitung stützt sich bei ihren Informationen nach eigenen Angaben auf den Obduktionsbericht der Marine. Darin heiße es wörtlich: "Die Obduktion ergab ein Körpergewicht, welches in Relation zur Körpergröße eine Borddienstverwendungsfähigkeit ausgeschlossen hätte." Damit hätte Sarah S. an der Übung, bei der sie im November aus der Takelage des Großseglers stürzte, gar nicht teilnehmen dürfen.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wollte sich zur körperlichen Eignung der verunglückten Soldatin nicht äußern. "Das sind Gegenstände der gegenwärtigen Ermittlungen. Und sie sind da, wo sie hingehören, nämlich bei der Staatsanwaltschaft." Die müsse das aufarbeiten, solange wolle er zur Zurückhaltung mahnen: "Ich glaube, für die Betroffenen ist es wichtig, dass bestimmte Dinge, so lange sie nicht geklärt sind, nicht zu hart durch die Öffentlichkeit getragen werden."

Rechtsanwalt Kock sagte weiter, der Tod der Kadettin sei Folge eines Ausbildungsfehlers gewesen. "Sie war ziemlich erschöpft." Vor dem tödlichen Sturz habe sie mehrfach "rauf- und runterentern" müssen.

Die Bild meldete weiter, dass der damals verantwortliche Unteroffizier erst zwei Tage an Bord des Segelschulschiffs gewesen sei. Auf eine ordentliche Einarbeitung sei damals verzichtet worden. "Eine Einweisung in seine Pflichten, Aufgaben, speziell während der Segelvorausbildung in der Takelage, hat nicht stattgefunden, da man der Meinung war, dass er wissen müsste, was er zu tun und zu lassen hat", zitiert das Blatt aus einem Ermittlungsbericht der Marine.

Zudem soll einem Ausbilder aufgefallen sein, dass die 25-Jährige Probleme mit der Übung hatte. "Er hatte, wie er beschreibt, ein ungutes Bauchgefühl."

Die Gorch Fock befindet sich derzeit auf der Heimreise von Argentinien nach Deutschland. Anfang Mai wird sie zurück im Heimathafen Kiel erwartet. Der bisherige Kapitän Norbert Schatz wurde nach den Vorfällen von Verteidigungsminister Guttenberg vom Dienst suspendiert.

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