Enthüllungsskandal "Vatileaks":Suche nach weiteren Lecks

"Traurigkeit im Herzen": Während Benedikt XVI. angesichts des Enthüllungsskandals im Vatikan seinen Unmut öffentlich macht, wird hinter vorgehaltener Hand über weitere Festnahmen spekuliert: Drei Laien aus dem Staatssekretariat sollen im Visier der Ermittler stehen.

Andrea Bachstein, Vatikanstadt

Paolo Gabriele, der verräterische Kammerdiener des Papstes, sitzt in einer vatikanischen Arrestzelle. Noch ist er der einzige, der im Zusammenhang mit dem Skandal um gestohlene vertrauliche Papiere des Papstes festgenommen wurde. Doch es wird erwartet, dass Domenico Giani, Chef der Vatikan-Gendarmerie und ehemaliger Mitarbeiter des italienischen Geheimdienstes, wieder zuschlägt. Gerüchten zufolge sollen drei im Staatssekretariat des Heiligen Stuhls beschäftige Laien im Visier stehen.

Vatileaks: Suche nach weiteren Lecks

Der Kammerdiener des Papstes sitzt in einer Arrestzelle des Vatikans - bald schon könnten weitere Festnahmen folgen.

(Foto: AFP)

Noch haben die Vernehmungen des 46-Jährigen "Paoletto" nicht begonnen, in dessen Wohnung Vatikan-Gendarmen Papstdokumente gefunden haben. Aber Details kursieren nun. Möglicherweise hat er schon ein Jahr lang als Spion und Dieb agiert - im wessen Auftrag, das ist die Frage. Ein halbes Jahr lang hatten ihn die Polizisten des Papstes offenbar unter Beobachtung wegen Kontakten, die Paolo Gabriele außerhalb des Vatikan pflegte. Ein Dokument aus dem Büro des Heiligen Vaters beseitigte dann offenbar die Zweifel, dass er der Mann sein muss, der die Papiere weitergereicht hat.

Papstsekretär Georg Gänswein hatte das Papier entdeckt in dem Buch "Sua Santità" von Gianluigi Nuzzi. Nuzzi zitiert darin aus Unterlagen aus Benedikts Korrespondenz und Dokumenten des Staatssekretariats, eine ganze Reihe von ihnen sind auch im Faksimile wiedergegeben. Es wird nun kolportiert, dass Gänswein Paoletto mit dem schweren Verdacht konfrontiert hat, Stunden ehe die Gendarmen am vergangenen Mittwoch zur Festnahme schritten. Das fragliche Papier, der Bilanzbericht der "Papst Benedikt XVI. Stiftung", musste von Gänsweins Schreibtisch genommen worden sein. Es war kein Dokument, das zur Aufbewahrung ans Archiv weitergegeben wird.

Der Papst übte Kritik an den Medien. Einige hätten "ein Bild vom Heiligen Stuhl gezeichnet, das nicht der Realität entspricht", sagte der Papst vor 15.000 Gläubigen bei der Generalaudienz. Es sei "Traurigkeit in seinem Herzen" über die Enthüllungen. Benedikt hat allen Grund dazu, denn es geht nicht nur um die Enttäuschung über den Mann, der seit sechs Jahren zu seinem Haushalt gehörte und engsten Umgang mit ihm hatte. Dass hinter den "Vatileaks", den Lecks im Vatikan, ein Machtkampf und ein Intrigenspiel steht, daran lässt sich kaum mehr zweifeln. Gegner und Getreue des umstrittenen Kardinalstaatssekretärs Tarcisio Bertone spielen über Bande, wie es aussieht, zum Schaden der Kirche und des Papstes.

Erstmals hat das vatikanische Amtsblatt Osservatore Romano den Skandal aufgegriffen. Nicht Bertone meldete sich zu Wort, sondern sein Stellvertreter, Erzbischof Angelo Becciu. Es sei bitter zu sehen, dass nun solche Ermittlungen stattfinden müssten. Die Veröffentlichung der gestohlenen Papiere sei eine "unmoralische, unerhörte Tat". Aber, so Becciu, "das Bild von einem Vatikan voller Kämpfe, Gift und Verdächtigungen" sei dennoch falsch.

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