Entführungsfall Jakob von Metzler:Daschner muss wegen Folter-Drohung vor Gericht

Das Landgericht Frankfurt hat die Anklage gegen den Polizei- Vizepräsidenten und einen Kriminalhauptkommissar in vollem Umfang zugelassen. Daschner hatte seinen Untergebenen angewiesen, dem Entführer Gäfgen schwere Schmerzen anzudrohen, wenn er nicht den Aufenthaltsort seines Opfers preisgebe.

Der Prozess vor der 27. Strafkammer findet nicht vor November dieses Jahres statt, wie das Landgericht am Dienstag mitteilte.

Gegen den 50-jährigen Kriminalhauptkommissar hat die Staatsanwaltschaft wegen schwerer Nötigung unter Missbrauch seiner Befugnisse und seiner Stellung als Amtsträger Anklage erhoben. Bei einer Verurteilung droht den Beamten maximal fünf Jahre Haft.

Daschner wird Verleitung zu dieser Straftat vorgeworfen. Er hatte laut Anklage den Hauptkommissar angewiesen, dem festgenommenen Kindesentführer Magnus Gäfgen am 1. Oktober 2002 die Zufügung schwerer Schmerzen anzudrohen, wenn er nicht den Aufenthaltsort des Jungen preisgebe.

Wegen der Bedeutung des Falls und der Stellung Daschners wurde die Anklage bei einer Großen Strafkammer des Landgerichts erhoben. Sie geht von einem besonders schweren Fall aus, der mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren bestraft werden kann.

Ein Verbrechen der Aussageerpressung liegt nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht vor; die Polizeibeamten hätten mit der Gewaltandrohung nicht in erster Linie ein Geständnis erreichen, sondern das Kind retten wollen, hieß es.

Nach Anklageerhebung hatte der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) Daschner in den Verwaltungsdienst nach Wiesbaden und den Hauptkommissar innerhalb der Frankfurter Polizei versetzt.

Das Opfer war seit vier Tagen tot

Der nach Übergabe des Lösegelds festgenommene Jurastudent Gäfgen hatte in der Nacht zum 1. Oktober 2002 mehrere falsche Verstecke genannt. Am nächsten Morgen ordnete Daschner nach eigenen Angaben an, der Vernehmungsbeamte solle Gäfgen androhen, dass ein polizeilicher Kampfsportler ihm Schmerzen zufügen würde, wenn er nicht die Wahrheit sage.

Die Polizei ging davon aus, dass der Junge noch am Leben war. Tatsächlich jedoch hatte Gäfgen ihn bereits vier Tage zuvor getötet und die Leiche an einem kleinen See unweit von Frankfurt abgelegt. Gäfgen nannte den Ort schließlich direkt nach der Folter-Androhung. Er wurde im Juli 2003 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der Fall hatte eine bundesweite Diskussion über die Zulässigkeit von Folter zur Rettung von Menschenleben ausgelöst. Polizeipräsident Harald Weiss-Bollandt hatte das Vorgehen Daschners mit einem Notstand gerechtfertigt.

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