Einsturz des Kölner Stadtarchivs:Reuige Verkehrsbetriebe

Die Kölner Verkehrsbetriebe haben Fehler bei der Überwachung des U-Bahn-Baus eingeräumt. Der Pfusch am Bau soll mitverantwortlich sein für den Einsturz des Stadtarchivs.

Ein Jahr nach dem Einsturz des Stadtarchivs haben die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) Fehler eingeräumt. Nach bisherigen Untersuchungen habe es bei der Überwachung des U-Bahn-Baus durch die KVB Versäumnisse gegeben, sagte der von der KVB beauftragte Fachanwalt für Baurecht, Gero Walter, in Köln.

Demnach habe die KVB unter anderem den Einbau von Eisenbügeln sowie Betonierungsprotokolle nicht ausreichend kontrolliert. Dass in der Baugrube vor dem Archiv am Waidmarkt in den Monaten vor dem Unglück zu viel Grundwasser abgepumpt wurde, liege in der Verantwortung der Baufirmen, sagte Walter. Ob die KVB darüber informiert war, sei bisher unklar.

KVB will sich von Technik-Vorstand trennen

Im Zusammenhang mit Vorwürfen wegen des Archiv-Einsturzes beschloss der KVB-Aufsichtsrat die Trennung von Technik-Vorstand Walter Reinarz. Der Aufsichtsratsvorsitzende Wilfried Kuckelkorn sagte, das Gremium habe ihn beauftragt, mit Reinarz über einen einvernehmlichen Auflösungsvertrag zu verhandeln. Dieser könne aus aktienrechtlichen Gründen nicht einfach abberufen werden. Zumal gebe es zurzeit keine ausreichenden Beweise, um Reinarz ein Verschulden nachzuweisen.

Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) hatte Reinarz am Jahrestag des Stadtarchiv-Einsturzes vergangene Woche öffentlich kritisiert und ihm das Vertrauen entzogen.

Am Waidmarkt waren ohne Erlaubnis 19 statt genehmigter vier Brunnen angelegt worden. Die Firmen-Arbeitsgemeinschaft unter Führung des Mannheimer Konzerns Bilfinger Berger sei dafür zuständig gewesen, die erforderliche wasserrechtliche Genehmigung einzuholen, sagte Walter. Dies sei nicht geschehen.

Die Ingenieurgesellschaft, die das Projekt leitet, habe davon erfahren und nichts unternommen. Ob die Ingenieurgesellschaft den Vorgang an die KVB weitergemeldet hat, wisse er noch nicht.

KVB-Vorstandssprecher Jürgen Fenske erklärte, der Vorstand habe erst nach dem Einsturz am 3. März 2009 erfahren, dass gegen die wasserrechtliche Genehmigung verstoßen wurde.

Katastrophe mit Ankündigung

Wie viele Eisenbügel in der Baugrube am Waidmarkt fehlen, sei bisher unbekannt, sagte Walter. "Die Auswertung der Protokolle hat aber ergeben, dass die Bauüberwachung der KVB hier nicht ausreichend war."

Erst vor wenigen Wochen kam heraus, dass an einer anderen U-Bahn-Baugrube - am Heumarkt - mehr als 80 Prozent dieser stabilisierenden Bügel fehlen. Zudem sollen Messprotokolle gefälscht worden sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen Baugefährdung.

Wenige Monate vor dem Einsturz gab es nach Angaben von Walter sogenannte Setzungsrisse an der Vorder- und Rückseite des Archivs. An den Gebäuden, die auf der anderen Seite der Baugrube lagen, habe es dagegen keine Risse gegeben. Dieser Widerspruch hätte den Baufirmen auffallen müssen, sagte Walter.

Ob irgendeiner dieser Punkte tatsächlich ursächlich war für den Archiv-Einsturz, bei dem zwei Menschen starben, sei aber völlig unklar, sagte Walter. Das müssten weitere Untersuchungen und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zeigen.

Vorstandssprecher Fenske sagte, die KVB wolle versuchen, aufzuklären und so das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen.

Die eigentliche Ursache für den Archiv-Einsturz ist noch unbekannt, ein Zusammenhang mit dem U-Bahn-Bau gilt aber als sicher.

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