Einstellungspraxis beim FBI:Verständnis für kiffende Computerexperten

Haben Sie in den vergangenen drei Jahren Marihuana konsumiert? Wer diese Frage mit Ja beantwortet, hat keine Chance auf eine Karriere beim US-Inlandsgeheimdienst FBI. Doch weil dessen Chef mehr Computerexperten braucht, will er die rigide Anti-Drogen-Politik in der Einstellungsfrage lockern.

James B. Comey, Direktor der US-Bundespolizei FBI, müsste eigentlich ein ziemlich glücklicher Behördenchef sein. Während anderswo gespart werden muss, kann er neue Leute anheuern, und zwar nicht zu knapp: 2000 Neueinstellungen hat ihm der US-Kongress in diesem Jahr zugestanden. Bei insgesamt gut 35 000 Mitarbeitern - diese Zahl lässt sich der FBI-Website entnehmen - keine ganz unbedeutende Größe.

Die meisten der neuen Mitarbeiter sollen sich um die Bekämpfung von Cyberkriminalität kümmern. Das ist neben dem Kampf gegen Terrorismus und der Spionageabwehr seit dem 11. September 2001 eine der größten Aufgaben des FBI. Und sie wird in Zukunft noch wichtiger werden, der aktuelle Streit zwischen China und den USA über einen vermeintlichen Hackerangriff weist in diese Richtung.

FBI-Chef Comey kann also personell aus dem Vollen schöpfen. Aber so richtig glücklich ist er trotzdem nicht. Denn die Computerexperten, die er einstellen dürfte, sind nicht nur schlau und technisch äußerst versiert - sie rauchen auch ziemlich gerne Marihuana.

IT-Spezialisten, die keinerlei Drogenvergangenheit haben, sind auf dem Arbeitsmarkt anscheinend kaum verfügbar. Deshalb erwägt das FBI laut einem Bericht des Wall Street Journal jetzt, seine Einstellungsregeln zu überdenken. Bisher verfolgt die Bundespolizei in Sachen Drogenkonsum eine Null-Toleranz-Politk. Auch Bewerbern, die früher gelegentlich mal an einem Joint gezogen haben, bleibt eine Karriere beim FBI versagt.

Bisher jedenfalls sind die Regeln strikt, wie sich auch der Website des FBI entnehmen lässt. Dort sind vier Fragen aufgelistet, die sich jeder Bewerber in Bezug auf sein Verhältnis zu Drogen selbst stellen soll. Wer nur eine Frage positiv beantwortet, fällt durch das Raster.

  • Haben Sie in den vergangenen drei Jahren mindestens ein Mal Marihuana konsumiert?
  • Haben Sie in den vergangenen zehn Jahren andere Drogen konsumiert?
  • Haben Sie jemals illegale Drogen verkauft, vertrieben, hergestellt oder transportiert?
  • Haben Sie in den vergangenen drei Jahren ein ärztlich verschriebenes Medikament nicht bestimmungsgemäß verwendet?

Vor allem die erste Frage ist dem FBI-Direktor zufolge für viele, fachlich ansonsten aussichtsreiche Kandidaten das K.O.-Kriterium. "Ich muss mein Personal gewaltig aufstocken, um mit den Cyber-Kriminellen Schritt zu halten", sagte Comey auf einer Konferenz in New York, wo das FBI über seine Bekämpfung der Wirtschafts- und Cyberkriminalität berichtete. "Aber einige der Jungs, die wir da im Blick haben, rauchen sogar auf dem Weg zum Einstellungsgespräch Gras".

Zwischen den Zeilen klingt beim Comey allerdings Verständnis durch für hochintelligente Computernerds, die gerne mal ein kräftiges Tütchen rauchen. Jetzt muss seine liberale Haltung nur noch Einzug finden in die Employment Drug Policy, also in die Einstellungskriterien.

Dort steht bisher ein ziemlich unumstößlich wirkender Satz von einem energischen Eintreten für eine "drogenfreie Gesellschaft". Andererseits findet sich auch die Formulierung: "Uns ist jedoch bewusst, dass einige im Grunde qualifizierte Bewerber an gewissen Punkten in ihrer Vergangenheit Drogen konsumiert haben könnten."

Die Einsicht, dass die Realität in den USA ziemlich weit weg ist von einer drogenfreien Gesellschaft, schimmert hier schon durch.

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