Eingesperrte Töchter in Schweden:Das Rätsel von Bromölla

Woman arrested for allegedly hiding children from outside world

Hinter diesen Fenstern sollen die Mädchen eingesperrt gewesen sein. Mehrere Zeitungen zitierten Nachbarn, denen nichts Besonderes aufgefallen ist - außer, dass die Vorhänge oft zugezogen gewesen seien.

(Foto: dpa)
  • Eine junge Frau wendet sich mit einem Hilferuf an die Polizei: Ihre Mutter soll sie und ihre Schwestern jahrelang eingesperrt haben.
  • Die Frage ist, ob die Mutter sich strafbar gemacht hat. Am Freitag wurde sie wieder aus der Untersuchungshaft entlassen.
  • Offenbar hatte die Frau keine Türen verriegelt. "Das war psychischer Zwang" so der Ankläger.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Es ist eine reichlich rätselhafte Geschichte, die Schweden seit Tagen beschäftigt. Sie könnte ebenso gut der Einstieg in einen dieser düster-verworrenen Krimis sein. In einem unscheinbaren Mehrfamilienhaus in einem südschwedischen Ort hört eine Nachbarin einen Streit im Treppenhaus. Als sie nachsehen will und ihre Wohnungstür öffnet, wird sie von einer verzweifelten jungen Frau gepackt, die um Hilfe fleht. Ihre Mutter habe sie und ihre beiden Schwestern jahrelang eingesperrt, kann die Frau noch sagen, bevor sie von der Mutter zurück in deren Wohnung gedrängt wird.

Die Nachbarin ruft die Polizei. So beschreiben schwedische Medien, was Mitte dieser Woche in Bromölla in der Provinz Schonen geschehen sein soll - ausgerechnet im Einsatzgebiet von Henning Mankells fiktivem Kommissar Wallander. Wie viel von dieser Geschichte wahr ist, weiß die Öffentlichkeit noch nicht. Mal ist von zehn, mal von 13 oder gar von 17 Jahren Gefangenschaft die Rede.

Die mutmaßlichen Opfer sind heute im Alter von Mitte Zwanzig bis Anfang Dreißig. Eine der Töchter habe beim Verlassen der Wohnung kaum laufen können, will ein Nachbar beobachtet haben. Die Polizei war in der Nacht zu Donnerstag angerückt und hatte die 59 Jahre alte Mutter befragt. Dabei hätten die Beamten gemerkt, "dass etwas nicht stimmt", sagt Polizeisprecherin Ewa-Gun Westford. Sie hätten alle vier Frauen auf die Wache mitgenommen.

Mutter ist wieder frei

Die Mutter kam in Untersuchungshaft. Am diesem Freitag beantragte Chefankläger Pär Andersson dann, sie noch länger festhalten zu dürfen, doch das Gericht entschied anders. Die Frau durfte gehen. Der Verdacht gegen sie bleibe bestehen, sagte Andersson nach der Entscheidung dem schwedischen Sender SVT. Die Töchter seien zwar gegen ihren Willen festgehalten worden. Die Frage sei jedoch, ob die Mutter sich strafbar gemacht habe. Offenbar hatte die Frau keine Türen verriegelt. "Das war psychischer Zwang" sagt Andersson, es habe eine Art "Einschlusseffekt" bestanden.

Vater will Töchter seit 17 Jahren gesucht haben

Schwedens Medien verfolgen den Fall mit großem Interesse. Sie veröffentlichten bereits den Grundriss der Wohnung und interviewten die Großmutter, die sagte, sie könne das alles nicht glauben. Thomas Ljungdahl, der Anwalt der Mutter, hatte gleich erklärt, seine Mandantin habe die Freiheit ihrer Töchter "in keiner Weise eingeschränkt". Mehrere Zeitungen zitierten Nachbarn, denen nichts Besonderes an der Wohnung aufgefallen war - außer, dass es dort immer ruhig gewesen sei und die Vorhänge oft zugezogen gewesen seien. Die Frau habe die Mädchen vor ihrem Ex-Mann und Vater der zwei Jüngeren verstecken wollen und sei deshalb oft umzogen.

Der Vater wiederum sagte in einem Interview, er suche seine Kinder seit 17 Jahren. Die Töchter befinden sich nun in Obhut des Sozialamtes. Es gehe ihnen physisch gut, teilte die Polizei mit. Man wisse aber nicht, wie es ihnen psychisch gehe.

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