Ein kleiner Junge und die Homo-Ehe:"Präsident im Jahr 2040"

Ein neunjähriger Junge ist in den USA der neue Held im Kampf für die Homo-Ehe: Ethan McNamee hat als Schulprojekt eine Kundgebung organisiert.

Johann Osel

Der Junge auf den Stufen des Parlaments ist ein wenig zu klein für die Seiten seines Redemanuskripts. Beim Umblättern muss er sich fast verrenken, seine Hand zittert, das Mikrofon ist auch noch zu groß. Aber das, was der neunjährige Ethan McNamee aus Denver im US-Bundesstaat Colorado mit seiner Kinderstimme und ein bisschen Verhaspeln sagt, bringt seine knapp 300 Zuhörer dennoch zum Klatschen, Jubeln und Johlen.

Ein kleiner Junge und die Homo-Ehe: Zwei Marzipanbräute auf der Hochzeitstorte: Ein lesbisches Paar in der Nachbarschaft hat den neunjährigen Ethan McNamee zu seinem Engagement gebracht.

Zwei Marzipanbräute auf der Hochzeitstorte: Ein lesbisches Paar in der Nachbarschaft hat den neunjährigen Ethan McNamee zu seinem Engagement gebracht.

(Foto: Foto: AP)

Ethan tritt öffentlich für den Ausbau der Homo-Ehe ein, eine Kundgebung hat er dazu auf die Beine gestellt. Und damit ist er nun zum Liebling amerikanischer Schwuler und Lesben geworden.

Lesben-Paar in der Nachbarschaft

Für gewöhnlich gehören die Rechte von Homosexuellen nicht zu den Sorgen eines Neunjährigen. Die Geschichte begann an Ethans Grundschule: Für ein Schulprojekt hat sich der Junge als Thema ausgerechnet die Homo-Ehe ausgesucht.

Der Grund: Auf dem Schulhof habe er zuvor dumme Sprüche gegen Lesben und Schwule gehört, erzählt Ethan. Das habe er als unfair empfunden - zumal in seiner Nachbarschaft ein lesbisches Paar wohnt. Die Frauen dürfen aufgrund der Gesetzeslage nicht heiraten. Der Tenor seiner Rede vor dem Parlament war dann auch: "Das Entscheidende ist, dass zwei Leute sich lieben."

Im US-Bundesstaat Colorado wurde zwar die Möglichkeit einer eingetragenen Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Beziehungen eingeführt - allerdings mit deutlich weniger Rechten als in einer Ehe. Auch im bevölkerungsreichsten US-Bundesstaat Kalifornien bleibt die Homo-Ehe verboten, wie der dortige Oberste Gerichtshof am vergangenen Dienstag entschieden hat. Dem Urteil war ein jahrelanger Streit vorausgegangen.

"Präsident der USA im Jahr 2040"

Bisher erkennen lediglich fünf Staaten in den USA die Eheschließung von Gleichgeschlechtlichen an: Maine, Vermont, Iowa, Connecticut und Massachusetts.

Die Kundgebung hat Ethan mit Hilfe seiner Schule organisiert. Unter anderem musste die Veranstaltung offiziell bei den Behörden angemeldet werden. Neunjährige dürfen das allerdings noch nicht, ein Lehrer erklärte sich bereit, die Kundgebung auf seinen Namen laufen zu lassen.

Die Schulleitung ging sehr sensibel an die Sache heran: Die Eltern der Mitschüler wurden über Ethans Projekt informiert. Mitschüler, die ihn unterstützen wollten, brauchten die schriftliche Einwilligung ihrer Eltern.

Im Internet feiert die schwule Community nun ihren neuen Helden im Kampf für die Homo-Ehe, Ethan ist fast schon ein Star geworden. "Dieser Junge sollte eines Tages Präsident der USA werden, vielleicht im Jahr 2040", schreiben da zum Beispiel User begeistert. Oder: "Ethan gibt uns Hoffnung für die Zukunft. Er muss wundervolle Eltern haben."

Eltern in der Kritik

Eben bei Ethans Eltern setzt aber auch die Kritik konservativer Gruppen an: "Kleinen Kindern eine Gehirnwäsche zu verpassen und sie auszunutzen, ist genau der Grund, warum immer mehr Amerikaner wütend über Homo-Aktivisten sind", heißt es in einem Blog. Als "Marionette seiner Eltern" sehen ihn dort viele User.

Doch das bestreitet Ethans Mutter. Sie spreche natürlich öfter mit ihrem Sohn über das Thema Gleichberechtigung, sagte sie der Denver Post. Aber die Aktion sei ausschließlich Ethans eigene Idee gewesen. Regelmäßig habe ihr Sohn "große Einfälle, bei denen nichts herauskommt". Diese Sache habe ihm aber von Anfang an sehr viel bedeutet.

Zumindest Respekt für den Nachwuchs-Aktivisten zeigte Shawn Mitchell, republikanischer Abgeordneter im Senat von Colorado. Er lobte in der Denver Post Ethans Eigeninitiative und Mitgefühl, sagte aber auch: "Eines Tages wird er verstehen, dass das ganze Thema ein bisschen komplizierter ist."

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