Ein Anruf bei...:Marie-Noëlle Bas, Feministin

RENAULT Nagellack

Frische Farbe für Nagel und Auto.

(Foto: Renault)

Warum die Französin es nicht gut findet, dass ein Autokonzern nun auch Nagellack anbietet. Und zwar Lack, mit dem man Kratzer überdecken kann.

Interview von Lina Paulitsch

Nagellack, der zugleich auch Autolack ist: Derzeit verursacht eine Kampagne von Renault in Frankreich Entrüstung: Vertreterinnen des feministischen Kollektivs "Les Chiennes de Garde" wollen hier Sexismus erkennen. Ein Anruf bei Kollektiv-Leiterin Marie-Noëlle Bas.

SZ: Mme Bas, der von Ihnen kritisierte Werbespot zeigt eine Frau, die mit einem Nagellack erst ihre Nägel und anschließend einen Kratzer an ihrem Auto lackiert. Was ist so schlimm daran?

Bas: Also für mich ist das alles ein reiner Marketing-Gag. Renault verkauft jetzt Autolack, den man auch als Nagellack gebrauchen kann. Ein Produkt, das es noch nie gegeben hat, quasi ein Nischenprodukt.

Ja und? Ist doch keine schlechte Idee, viermal Nagellack in den Originalfarben eines Kleinwagens herauszubringen.

In meinen Augen ist das einerseits sexistisch, weil das Produkt ja augenscheinlich nur für Frauen bestimmt ist. Und zwar für Frauen, die offenbar ständig Kratzer in ihr Auto machen, also nicht gut Auto fahren können. Das ist ein durch und durch klischeehaftes Frauenbild. Außerdem wird eine Blondine mit Sonnenbrille gezeigt. Der Spot reduziert also Frauen auf ihr Aussehen.

Aber Autokratzer holt man sich doch wirklich schnell, finden Sie nicht? Kann so ein Doppellack nicht auch sehr nützlich sein?

Ein Lack, der in derselben Farbe wie mein Auto angeboten wird? Nein, wirklich nicht.

Der Konzern sagt, man habe mit der Idee individuelle, urbane Frauen im Blick gehabt.

Es gibt doch allerlei andere Möglichkeiten, sein Auto zu lackieren. Professionelle Produkte zum Ausbessern von Kratzern gibt es doch zuhauf. Die Idee, einen Nagellack in genau derselben Farbe wie das Auto herzustellen, ist doch einfach nur oberflächlich, finden Sie das nicht?

Autowerbungen waren doch schon immer ein bisschen sexistisch, oder? Normalerweise sitzen eben Männer mit Dreitagebart und Muskeln hinterm Steuer und fahren als einsame Wölfe auf verlassenen Bergstraßen herum.

Das ist ja das Problem! Immer diese Stereotype. Das Gefährliche am Sexismus ist, dass er die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern beibehalten möchte - unter der einseitigen Dominanz des Mannes. Es gibt auch viele Männer, die mit diesen Zuschreibungen gar nicht zufrieden sind.

O.k. Aber hier geht es doch nur um Autolack.

Ich finde das wirklich bizarr und ich bleibe dabei: Dieser Spot reduziert Frauen auf die Unfähigkeit, Auto zu fahren. Das ist hinterhältig und ordinär.

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