Ehrenmord-Prozess:Nur der jüngste Bruder verurteilt

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Ayhan Sürücu muss für den Mord an seiner Schwester eine Jugendstrafe von neun Jahren und drei Monaten verbüßen. Seine zwei Brüder wurden dagegen freigesprochen - ihnen konnte keine Tatbeteiligung nachgewiesen werden.

Das Gericht verhängte gegen den heute 20-jährigen Todesschützen eine Jugendstrafe wegen Mordes in Tateinheit mit Waffenbesitzes. Die beiden mitangeklagten älteren Brüder des Opfers, den 25-jährigen Alpaslan und den 26-jährige Mutlu, sprach das Gericht frei.

Die Zeichnung zeigt die angeklagten Brüder (von links nach rechts) Mütlü, Alpaslan und Ayhan Sürücü im Gericht. (Foto: Foto: dpa)

Ayhan Sürücu wurde nach dem Jugendstrafrecht zu einer Haftstrafe von neun Jahren und drei Monaten verurteilt. Er hat gestanden, seine Schwester im Februar 2005 mit drei Schüssen in den Kopf getötet zu haben. Mit dem Strafmaß schloss sich das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft an und blieb knapp unterhalb der möglichen Höchststrafe von zehn Jahren.

Der Lebensstil der jungen Mutter soll dem Bruder nicht gepasst und nach seiner Auffassung gegen die Familienehre verstoßen haben.

Für die beiden 25 und 26 Jahre alten Brüder hatte die Anklage lebenslange Haft gefordert. Ihre Schuld habe jedoch nicht eindeutig bewiesen werden können, erklärte das Gericht. Gegen das Urteil ist Berufung möglich.

Der als "Ehrenmord" bezeichnete Fall erregte bundesweit Aufsehen und führte zu einer kontroversen Debatte unter anderem über Zwangsheirat und Integration von Ausländern.

Hatun Sürücü war in Deutschland aufgewachsen und nach Angaben der Staatsanwaltschaft 1998 in der Türkei zu einer Ehe mit einem Cousin gezwungen worden. Sie brachte im Mai 1999 in Berlin einen Sohn zur Welt und weigerte sich, in die Türkei zurückzukehren.

Ein halbes Jahr später verließ sie die Wohnung ihrer Eltern und begann eine Ausbildung als Elektrotechnikerin. Am 7. Februar 2005 wurde sie mit mehreren Schüssen in den Kopf auf offener Straße getötet.

Berlins Innensenator Ehrhart Körting erklärte vor der Urteilsverkündung, es sehe Fortschritte beim Kampf gegen die häusliche Gewalt. Inzwischen zeigten bei derartigen Taten viele türkische Frauen ihre Männer an, sagte der SPD-Politiker.

"Ich glaube schon, dass wir einen Mentalitätswechsel haben, aber er dauert." Es gebe glücklicherweise nicht viele Frauen, die in Angst leben müssten. Es gebe aber nach wie vor viel häusliche Gewalt.

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