Ehemalige Todeskandidatin:US-Gericht hebt Mordanklage gegen Debra Milke auf

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Debra Milke saß in der Todeszelle, weil sie angeblich ihren Sohn töten ließ. (Foto: dpa)
  • Ein Berufungsgericht im Bundesstaat Arizona hat angeordnet, die Mordanklage gegen Debra Milke fallenzulassen. Das Gericht folgte damit Milkes Anwälten.
  • Beendet ist der Fall allerdings noch nicht, da die Staatsanwaltschaft den Fall bis zum Obersten Gerichtshof von Arizona bringen will.
  • Milke war vor mehr als 20 Jahren zum Tode verurteilt worden. Damals hieß es, sie habe zwei Männer angestiftet, ihren vierjährigen Sohn zu töten.

Gericht folgte Milkes Anwälten

Die in Berlin geborene ehemalige US-Todeskandidatin Debra Milke ist ihrem endgültigen Leben in Freiheit einen wichtigen Schritt näher gekommen. Ein Berufungsgericht im Bundesstaat Arizona ordnete an, die Mordanklage gegen die 49-jährige Tochter einer Deutschen und eines Amerikaners fallenzulassen.

Das Gericht folgte damit Milkes Anwälten. Diese hatten argumentiert, eine drohende Neuauflage des langen Prozesses verstoße gegen die US-Verfassung, weil niemand zweimal für dasselbe Verbrechen vor Gericht gestellt werden dürfe.

Mit ihrer Entscheidung erklärten die Richter Milke nicht für unschuldig, wie sie den Berichten zufolge klarstellten. "Unsere Analyse basiert vollständig auf der Frage, ob bei einem neuen Prozess gegen Milke der Fall einer Doppelbestrafung zutreffen würde, und wir geben keine Meinung dazu ab, ob sie schuldig oder unschuldig ist."

Staatsanwaltschaft will bis zum Obersten Gerichtshof gehen

Milke sei "begeistert, schockiert und sprachlos", sagte ihr Anwalt Michael Kimerer. Sie habe die Entscheidung kaum fassen können.

Beendet ist das Verfahren allerdings noch nicht, da die Staatsanwaltschaft den Fall bis zum Obersten Gerichtshof von Arizona bringen will. Bis zu dieser Entscheidung könnten Kimerer zufolge noch einmal drei bis vier Monate vergehen.

Die Vorgeschichte

Die heute in Phoenix lebende Milke war vor mehr als 20 Jahren zum Tode verurteilt worden. Sie habe 1989 zwei Männer angestiftet, ihren vierjährigen Sohn zu töten, hieß es damals. Das Urteil stützte sich vor allem auf die Aussage des leitenden Ermittlers Armando Saldate, dem Milke ihre Beteiligung an dem Verbrechen angeblich gestanden hatte. Ein unterschriebenes Geständnis gibt es aber ebenso wenig wie Tonaufnahmen oder Zeugen.

Die damaligen Geschworenen erfuhren auch nicht, dass Saldate bereits wegen Falschaussage unter Eid aufgefallen war.Im Herbst 2013 erklärte ein Berufungsgericht das Urteil wegen mangelnder Beweise für ungültig. Milke kam auf Kaution und mit einigen Einschränkungen auf freien Fuß, nachdem sie 22 Jahre in der Todeszelle auf ihre Hinrichtung gewartet hatte.

Die Staatsanwaltschaft von Arizona erhob zum zweiten Mal Anklage und kündigte an, wieder die Todesstrafe zu fordern. Allerdings wollte Saldate nicht noch einmal in den Zeugenstand treten, weil er befürchtete, sich mit seiner Aussage selbst zu belasten. Im Dezember 2013 entschied ein Gericht, dass Saldate im Falle einer Neuauflage des Prozesses nicht mehr aussagen muss.

Der Fall habe Arizonas Justizsystem "schwer befleckt", schrieben die Richter am Donnerstag und sprachen von "ungeheurem staatsanwaltlichen Fehlverhalten".

© SZ.de/dpa/AFP/afis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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