Gebet des Papstes zu Syrien:Verzweifelter Schrei nach Frieden

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Papst Franziskus will fasten und beten für den Frieden. (Foto: REUTERS)

Der Papst will fasten und beten für den Frieden in Syrien. Kerzen und Gebete also sollen einen mörderischen Diktator aufhalten, der offenbar Giftgas gegen seine Gegner einsetzt? Das mag naiv wirken, zeugt allerdings vielleicht noch am ehesten von Rationalität angesichts des Dilemmas, vor dem die Welt steht.

Ein Kommentar von Matthias Drobinski

Der Papst will fasten an diesem Samstag. Von 19 bis 23 Uhr will er dann beten, für den Frieden in Syrien, im Nahen Osten und überhaupt in der Welt. Er hat sich zum Fürsprecher gemacht für den "Schrei nach Frieden", wie Franziskus es formulierte. Er hat denen, die chemische Waffen einsetzen, mit dem Gericht Gottes gedroht. Er hat aber auch die internationale Gemeinschaft ermahnt, Friedensinitiativen zu ergreifen.

Über den wahrscheinlich bevorstehenden Militärschlag gegen Baschar al-Assad hat er kein Wort verloren und genau darauf geachtet, dass beide Seiten ihr Fett abbekommen; auch Russlands Präsidenten Wladimir Putin hat Franziskus nun gebeten, sich für den Frieden einzusetzen. Und doch kann man aus jedem Satz die Skepsis des Papstes gegenüber dem Vorhaben heraushören, es Bomben und Raketen über Syrien regnen zu lassen.

Papst Franziskus steht damit nicht allein in der Christenheit. Auch der Ökumenische Rat der Kirchen warnt vor einem Eingreifen der USA in den Konflikt, ebenso haben sich der Nationale Kirchenrat der Vereinigten Staaten und mehrere Kirchen des Landes gegen einen Militäreinsatz ausgesprochen. Die Anglikaner in Großbritannien sind genauso dagegen wie die meisten deutschen Bischöfe, die Militärbischöfe Dutzmann (evangelisch) und Overbeck (katholisch) eingeschlossen. Ein Kirchenvertreter, der einen Luftschlag für eine gute Sache hielte, ist bislang nicht aufgetaucht.

Kerzen und Gebete also sollen einen mörderischen Diktator aufhalten, der offenbar Giftgas gegen Frauen und Kinder einsetzt. Ist das nicht naiv? Es ist zumindest nicht das erste Mal, dass die Kirchen sich so eindeutig gegen eine Intervention des Westens einsetzen. Auch 2003 versuchte der kranke Papst Johannes Paul II. mit letzter Kraft, Präsident George W. Bush den Irak-Krieg auszureden, auch damals erklärte unter anderem die methodistische Kirche, deren Mitglied Bush war, den Krieg zur Sünde. Und in Deutschland blieb, als es um Afghanistan ging, zum Beispiel der damalige durch und durch konservative Militärbischof Walter Mixa bei seiner Skepsis gegenüber dem Einsatz.

Die Bilanz sieht aus der Sicht vieler Kirchenvertreter nicht gut aus

Die christlichen Kirchen sind - bis auf wenige Ausnahmen wie die Quäker - nicht grundsätzlich pazifistisch. Es hat sich aber seit dem Ende des Kalten Krieges und dem Beginn der vielen Regionalkonflikte die Friedensethik verändert: Der Krieg kann (und muss manchmal) als Übel hingenommen werden, um schlimmeres Übel zu verhindern. Die Entscheidung zugunsten der Gewalt bleibt aber immer ein Dilemma, sie ist deshalb an strenge Kriterien gebunden. Sie ist eine Ultima Ratio und sie darf das Ziel nicht aus den Augen verlieren: den gerechten Frieden zu schaffen, nicht, einen gerechten Krieg zu führen.

Und da sieht die Bilanz aus der Sicht vieler Kirchenvertreter nicht gut aus. Die Taliban sind von der Macht vertrieben, und Saddam Hussein ist tot, Terror und Gewalt sind aber geblieben, wie Armut, Flucht und Vertreibung. Und dann sind vor allem die christlichen Schwestern und Brüder im Nahen und Mittleren Osten die Leidtragenden der Auseinandersetzungen.

Die Gemeinden im Irak sind untergegangen, die Christen ermordet, untergetaucht, geflohen. In Ägypten brennen die Kirchen. Ähnliches befürchten nun die Christen in Syrien: Es wird Angriffe mit vielen Toten geben - und dann wird niemand da sein, um sie vor dem Hass der Hisbollah oder der al-Qaida-liierten Milizen zu schützen.

Das Militär wird an diesem Samstag weiter ausarbeiten, was es wie wohin fliegen lässt. Assad wird sich derweil eine bombensichere Unterkunft für die kommenden Wochen suchen. Papst Franziskus wird beten und fasten; vielleicht wohnt dem von allem, was da geschieht, die meiste Rationalität inne.

© SZ vom 06.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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