Drogenreport der EU:Neue Designerdrogen überfluten Europa

Immer neue Substanzen, viele davon hochgefährlich: Designerdrogen kommen so schnell auf den Markt, dass die Kontrollbehörden kaum mit dem Erfassen nachkommen. Die EU-Drogenbeobachtungsstelle hat ihren Jahresbericht vorgelegt und zeigt sich besorgt. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 70 neue Drogen nachgewiesen.

Europa wird immer schneller von neuen Designerdrogen überflutet. Das geht aus dem Europäischen Drogenbericht hervor, den die EU-Drogenbeobachtungsstelle (EBDD) in Lissabon veröffentlicht hat. Grundsätzlich verändere sich der Drogenkonsum in Europa: Bei etablierten Drogen wie Heroin, Cannabis und Kokain gehe zum Beispiel in mehreren Ländern die Zahl der Neukonsumenten zurück, Sorge machten aber synthetische Stimulanzien und neue psychoaktive Substanzen, die illegal und auf dem sogenannten "Legal Highs"-Markt verkauft werden. Das Problem hierbei: Die neuen Drogen werden so schnell entwickelt und verbreitet, dass die Kontrollbehörden nicht mit dem Erfassen und Verbieten hinterherkommen.

Die EU-Kommissarin für Inneres, Cecilia Malmström, sagt, sie sei im Hinblick auf die Ergebnisse sowohl zuversichtlich als auch besorgt. "Dank robuster Drogenmaßnahmen und eines Rekordniveaus von Behandlungsangeboten gehen drogenbedingte HIV-Infektionen weiterhin zurück." Andererseits habe ein Viertel der erwachsenen Europäer, 85 Millionen Menschen, illegale Drogen konsumiert. "Noch immer befindet sich der Drogenkonsum in Europa auf einem historisch hohen Stand", so Malmström weiter. Speziell die Tatsache, dass im vergangenen Jahr mehr als 70 neue Drogen nachgewiesen wurden, sei ein Zeichen, dass sich die Drogenpolitik auf die Veränderung der Drogenmärkte einstellen muss.

Mehr als 70 neue Substanzen 2012 gemeldet

Im Jahr 2012 wurden über das EU-Frühwarnsystem 73 neue psychotrope Substanzen erstmals offiziell gemeldet. Darunter waren 30 synthetische Cannabinoide, die eine Cannabis ähnliche Wirkungen aufweisen. Laut Drogenbericht "wurden diese Produkte, die extrem stark sein können, inzwischen in praktisch allen europäischen Ländern gemeldet". 19 weitere Substanzen gehören zu "weniger bekannten oder schwerer bestimmbaren chemischen Gruppen". Ebenfalls von Interesse waren 14 neu substituierte Phenethylamine, die höchste gemeldete Zahl seit 2005.

EBDD-Direktor Wolfgang Götz erklärte, dass die Drogenstrategie und Maßnahmen der EU-Länder an die neue Situation angepasst werden müssten. "Bei der Überwachung neuer Drogen geht es um mehr als nur darum, die Zahl der Substanzen zu zählen. Dieser Bericht zeigt eindeutig auf, dass das Frühwarnsystem eine zentrale Rolle spielt", so Götz. Nur so könne sichergestellt werden, dass alle EU-Mitgliedstaaten Zugang zu den neuesten Informationen über neue psychoaktive Substanzen haben.

Die oft sehr jungen Konsumenten spielten ein gefährliches Spiel. Sie seien in gewisser Weise "Versuchskaninchen", da man noch sehr wenig über die langfristigen Gesundheitsfolgen der Modedrogen wisse, warnte Götz. Die schlimmsten unmittelbaren Folgen des Konsums synthetischer Drogen, der häufig in Horrortrips endet, sind bekannt: Kontrollverlust, Herzrasen, Wahnvorstellungen bis hin zu Selbstmordgedanken, Selbstverstümmelungen und Aggressionen.

Die Modedrogen werden oft als Badesalz, Duftpulver oder Kräutermischungen getarnt vor allem im Internet verkauft und tragen Namen wie "Extreme Summer" oder "Ice". Die Drogen tauchen immer wieder unter neuen Produktnamen auf - mal als Pillen, mal als Pulver.

Auch der Drogenbericht der Vereinten Nationen, der im März veröffentlich wurde, hat bereits auf das Problem der zunehmenden Verbreitung von Designerdrogen hingewiesen.

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