Im Dioxin-Skandal erhärtet sich der Verdacht gegen den schleswig-holsteinischen Futterfett-Hersteller Harles und Jentzsch: Die Staatsanwaltschaft Itzehoe verfolgt Hinweise, wonach die Firma aus Uetersen belastete Vorprodukte möglicherweise systematisch so lange verdünnt haben könnte, bis der Dioxin-Grenzwert von 0,75 Nanogramm erreicht war. Die verdächtige Firma hat zwischenzeitlich Isolvenz angemeldet. Der Insolvenzantrag sei am Mittwochmittag beim Amtsgericht Pinneberg gestellt worden, sagte eine Sprecherin des Landgerichts Itzehoe.
Kriminelles Vorgehen im Dioxin-Skandal hält Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) nach bisherigem Sachstand für wahrscheinlich. Die "jetzt vorliegenden Erkenntnisse" deuteten darauf hin, dass gegen das Gesetz verstoßen worden sei, sagte sie. "Auch eine Vermischung des Futtermittels ist gesetzeswidrig. Wenn sich die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft erhärten, ist das kriminelles Vorgehen."
Wie die Ministerin verwies auch die ermittelnde Staatsanwaltschaft auf die laufenden Ermittlungen. "Wir müssen das erst noch prüfen", sagte Oberstaatsanwalt Ralph Döpper. "Wir werten das Material aus." Wie die Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch aus Behördenkreisen der beteiligten Bundesländer erfuhr, wurden von einem Produktionstag Mischproben beschlagnahmt, bei denen hohe Dioxin-Eingangsbelastungen immer weiter reduziert worden waren. Damit das Labor nicht Alarm schlägt, seien die Proben als technische Fette deklariert und eingeschickt worden. Die Ermittler haben den Verdacht, dass der Eintrag über eine nicht registrierte Mischanlage im niedersächsischen Bösel erfolgte, die für Harles und Jentzsch betrieben worden sein soll.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen das Unternehmen nicht nur wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Lebens- und Futtermittelrecht. Die Behörde hat auch einen Anfangsverdacht auf Betrug und Verstoß gegen die Abgabenordnung bejaht. Der mögliche gesetzliche Strafrahmen reicht laut Döpper von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafen von einem Jahr beim Lebens- und Futtermittelrecht sowie bis zu fünf Jahren in den anderen beiden Punkten. In einem besonders schweren Betrugsfall wären bis zu zehn Jahren möglich.
Im Fall des dioxinbelasteten Schweinefleischs aus Mastbetrieben in Sachsen-Anhalt gab das Gesundheitsministerin in Magdeburg bekannt, dass möglicherweise verseuchtes Fleisch nach Bayern, Sachsen und Niedersachsen geliefert wurde. Für Nordbayern gab es indes Entwarnung: Wie eine Sprecherin des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sagte, dürfte das Fleisch von Tieren eines Mastbetriebs in Sachsen-Anhalt keine überhöhten Dioxin-Werte aufgewiesen haben. Das hätten Untersuchungen des Tierfutters ergeben. Die 400 Schweine waren im Dezember nach Bayern gebracht und dort geschlachtet worden. Das Fleisch wurde anschließend in Supermärkten verkauft.