Digitales:Göttliches Zeichen

QR-Code Parament

Fröhliches Gepixel zum Selber-Scannen: QR-Codes am Altar des Klosters St. Marienberg.

(Foto: Kloster St. Marienberg)

Ein Altartuch mit QR-Code soll Jugendliche in die Kirche locken. Leider stehen die Chancen dafür extrem schlecht. Der scanbare Link galt lange als hip, heute fristet er in Deutschland ein eher trauriges Dasein.

Von Michaela Schwinn

Besonders dekorativ ist er ja nicht gerade, der schwarz-weiße, wild gepixelte QR-Code. Trotzdem lieben ihn viele Asiaten. In China ist ein regelrechter Hype um das gescheckte Rechteck ausgebrochen: Dort wurde vor einiger Zeit ein 36 Quadratmeter großer QR-Kuchen gebacken und in einem Kaufhaus in Peking ausgestellt. Dort wurde er auf die Körper von Laufstegmodels gedruckt. Und erst kürzlich entstand in einem Reisfeld im Nordosten des Landes ein riesiger QR-Code, gewachsen aus verschieden Pflanzensorten.

Handy raus, App öffnen, scannen - und schon landet man in der digitalen Welt, meist an genau dem Ort, an dem einen die Werbetreibenden haben wollen. Auch jenseits der Sensations-Codes ist QR in vielen asiatischen Ländern allgegenwärtig: Läuft man durch die Gassen chinesischer Großstädte, hängt der Code fast vor jedem Imbiss oder Laden. So kann man ganz einfach mit dem Code bezahlen: Handy raus, Bezahl-App öffnen, QR-Code scannen und schon ist die Kugel Eis bezahlt.

In Deutschland wurde der erste QR-Code vor zehn Jahren auf dem Cover des Popkultur-Magazins Spex veröffentlicht. Ein hippes Symbol auf einem hippen Heft, so sah sie also aus die Zukunft. Der viereckige Fliegenschiss war das, was zuvor das @-Zeichen war. Ein exotischer Verweis auf die digitale Welt. Die "Affenschaukel" landete auf Fußabtretern, auf Partyeinladungen, auf T-Shirts, so lange bis es wahnsinnig uncool wurde, das @ jenseits von E-Mail-Adressen zu verwenden.

Auch der QR-Code begann schnell wild zu wuchern, er breitete sich überall dort aus, wo noch ein Platz frei war. Inzwischen aber fristet er in Deutschland ein eher tristes Dasein. Eis bezahlen? Fehlanzeige. Man findet ihn zwar noch auf Plakaten, Visitenkarten, auf der Milchpackung, in Museen und an Sehenswürdigkeiten wie dem Potsdamer Platz in Berlin und dem Museum Kunstpalast in Düsseldorf. Der Unterschied zum Hype in Asien aber ist, dass ihn kaum jemand benutzt.

Hier gilt das kleine Quadrat vor allem als Kundenfang. QR-Codes-Scannen ist so, als zappe man vor dem Fernseher freiwillig zur Werbepause. Außerdem finden viele schon das Installieren der notwendigen App viel zu umständlich.

Führen die Pixel etwa direkt zu Gott? Nein. Leider nur in die Klosterwerkstatt

Dass der QR-Code tatsächlich unhip geworden sein könnte, zeigt sich an seinem neuesten Einsatzgebiet: Die Vorsteherin des evangelischen Klosters St. Marienberg in Helmstedt schnitt Seidenbänder, stickte, nähte, bis ihr Altarteppich mit QR-Code fertig war, der "weltweit ersten Altarschmuck mit Internet-Anbindung", wie sie ihn anpreist. Und wohin führt der Code? Handelt es sich dabei um den direkten Weg zu Gott? Scannen statt Beten?

Leider nein. Er führt lediglich zur Webseite der Klosterwerkstatt, Werbepause. Der Code soll vor allem Jugendliche ansprechen, sagt die Klostervorsteherin. Als fänden Jugendliche alles schick, was mit dem Smartphone zu tun hat. Das Schulamt im bayerischen Erding will übrigens Schüler mit dem Kurs "Sticken eines QR-Codes" demnächst sogar für Handarbeit begeistern. Viel Glück.

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