Die größten Lebensmittelskandale:Unser tägliches Gift

BSE, Acrylamid oder Gammelfleisch - Gründe zur Besorgnis liefert die Lebensmittelindustrie in regelmäßigen Abständen. Die schlimmsten Lebensmittelskandale und ihre Folgen

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BSE, Acrylamid oder Gammelfleisch - Gründe zur Besorgnis liefert die Lebensmittelindustrie in regelmäßigen Abständen. Die schlimmsten Lebensmittelskandale und ihre Folgen

Olivenöl

Der Skandal: 1981 versetzen Unternehmen wie die Madrider Firma Raelca Olivenöl mit Rapsöl für die Industrie und hochgiftigen Substanzen wie Motoröl.

Der Schaden: Etwa 500 Menschen sterben, 20.000 leiden an Vergiftungserscheinungen. Gesundheitsexperten schließen Spätfolgen bei den Opfern nicht aus.

Die Folgen: Spanien ernennt einen Staatssekretär für Konsumfragen, um die Lebensmittelproduktion qualitativ zu verbessern und Kontrollen im Verkauf durchzusetzen. Die Hauptschuldigen werden 1989 zu vier bis 20 Jahren Haft sowie Geldbußen verurteilt. Dennoch taucht immer wieder verunreinigtes Öl in Europa auf. Zuletzt findet 2005 die Stiftung Warentest bei 14 der getesteten Sorten verbotene, teils krebserregende Weichmacher.

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Glykol

Der Skandal: Im Jahr 1985 erschüttert der Glykol-Skandal Österreich: Winzer hatten ihrem Wein das Frostschutzmittel Diethylenglykol beigemischt, das Herz, Leber und Hirn schädigen kann. In Rheinland-Pfalz wurde zudem deutscher mit österreichischem Glykol-Wein vermischt.

Der Schaden: Aufgrund der meist geringen Konzentrationen bleiben nachweisbare Schäden bei Käufern aus. Das Image des österreichischen Weins leidet jedoch enorm, der Verkauf bricht ein. Mehrere Länder warnen vor dem Genuss österreichischen Weins, Griechenland und Dänemark verhängen Importverbote. Die Verantwortlichen werden zu Haftstrafen von bis zu acht Jahren verurteilt.

Die Folgen: In Österreich werden umfassende Kontrollen eingeführt, jede Flasche muss mit einer staatlichen Banderole ausgezeichnet werden. 1986 macht ein ähnlicher Fall in Italien Schlagzeilen, als sich mehr als 100 Menschen mit Rotwein vergiften, der mit Methylalkohol versetzt ist. Etwa 20 von ihnen sterben. Auch in Deutschland wird mit Methylalkohol vermischter Wein sichergestellt.

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BSE

Der Skandal: 1996 sterben mehrere Menschen an einer neuen Form der Creutzfeldt-Jacob-Krankheit. Forscher vermuten, dass diese durch BSE-infiziertes Fleisch auf die Patienten übertragen wurde. Die Tierseuche BSE (bovine spongiforme Enzephalopathie) war 1986 in Großbritannien registriert worden, 1988 hatte die Regierung auf Grund einer Häufung von Fällen verboten, Tiermehl zu verfüttern. Dennoch breitet sich BSE schnell aus.

Der Schaden: Bis 2007 sterben weltweit etwa 200 Menschen an den Folgen von BSE. Wegen der langen Inkubationszeit werden weitere Opfer befürchtet. Der Rindfleisch-Markt bricht zeitweise völlig zusammen, Zehntausende Rinder werden notgeschlachtet.

Die Folgen: Die EU verhängt 1996 ein Exportverbot für britisches Rindfleisch. Dennoch wird 1997 das erste in Deutschland geborene BSE-Rind entdeckt. Bis 2000 kann die Seuche eingedämmt werden, dann bricht sie auf der Insel erneut aus. Im November 2000 wird auch in Deutschland ein BSE-infiziertes Rind entdeckt. Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) und Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke (SPD) treten im Zuge des BSE-Skandals zurück. Die EU verbietet die Verfütterung von Fleisch- und Knochenmehl.

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Acrylamid

Der Skandal: 2002 finden Wissenschaftler heraus, dass beim Erhitzen zahlreicher Lebensmittel die Substanz Acrylamid entsteht. Der vermutlich krebserregende Stoff findet sich in Kartoffel- und Getreideprodukten, Kaffee und Backwaren.

Der Schaden: Bis heute ist unklar, ob und in welchem Maß mit Acrylamid belastete Produkte Gesundheitsschäden verursachen. Erkrankungen in direktem Zusammenhang mit dem Verzehr betroffener Nahrungsmittel traten bisher nicht auf.

Die Folgen: Die Politik bemüht sich zunächst ergebnislos, Regelungen für den Umgang mit den gefährdeten Nahrungsmitteln zu schaffen. Vor allem bei Fertigprodukten ist es schwierig, Grenzwerte festzulegen. Bis 2005 wird der Acrylamid-Gehalt einiger Lebensmittel wie Knäckebrot, Spekulatius, Zwieback und Kekse gesenkt. In Pommes frites und Kartoffelchips wird jedoch abermals eine erhöhte Konzentration des Stoffes ausgemacht.

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Gammelfleisch

Der Skandal: In den Jahren 2005 und 2006 wird in Deutschland immer wieder verdorbenes Fleisch in Kühlräumen, Verarbeitungsbetrieben und im Handel entdeckt. Ein bayerischer Geschäftsmann etwa hat jahrelang Schlachtabfälle neu etikettiert und in ganz Europa vertrieben.

Der Schaden: Deutschlandweit gehen mindestens 20.000 Erkrankungen jährlich auf den Verzehr verdorbenen Fleischs zurück. Die Bundesvereinigung der deutschen Ernährungswirtschaft geht von bis zu 15.000 Tonnen bislang unentdeckten Gammelfleisches aus.

Die Folgen: Ein Münchner Fleischhändler nimmt sich das Leben, ein Deggendorfer wird zu vier Jahren Haft verurteilt. Infolge einer hitzigen Debatte werden die Lebensmittelkontrollen verschärft und ein Verfahren zur Erkennung von Gammelfleisch entwickelt. Während Supermärkte einen Rückgang des Fleischabsatzes verzeichnen, profitieren die kleinen Metzger. Im Dezember 2007 werden Dumpingpreise für Lebensmittel verboten.

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Pestizide

Der Skandal: Im Jahr 2002 werden spanische Paprika gefunden, die hochgradig mit Pestiziden belastet sind.

Der Schaden: Pestizidverseuchte Nahrung kann zu Übelkeit, Durchfall und tödlichen Vergiftungen führen. Auch Krebs, Allergien und eingeschränkte Fruchtbarkeit sind mögliche Folgen.

Die Folgen: Greenpeace zufolge überschreiten in deutschen Supermärkten 15 Prozent der Produkte die gesetzlich zulässige Dosis an Pestiziden, in Mittelmeerländern wird noch mehr gespritzt. 2006 gerät Paprika erneut in Verruf, als darin das Insektizid Isofenphos-Methyl gefunden wird. Dieses kann in hoher Dosis zu Muskelkrämpfen bis hin zum Tod führen. Die Behörden reagieren mit Kontrollen, zahlreiche Gewächshäuser werden geschlossen. Derzeit erarbeitet die EU einheitliche Regeln für den Umgang mit Pestiziden.

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Hormone und Antibiotika

Der Skandal: 2001 werden bayerische Ärzte beschuldigt, Hormone, Impfstoffe und Antibiotika illegal an Schweinebauern verkauft zu haben. Besonders Antibiotika gelten in der Tierzucht als gefährlich, da sie Resistenzen beim Menschen verursachen können.

Der Schaden: Die Weltgesundheitsorganisation bezeichnet die Unwirksamkeit von Antibiotika schon lange als dringliches Problem. Die Langzeitfolgen ihres übermäßigen Einsatzes in der Tier- und Pflanzenzucht sind nicht abzusehen.

Die Folgen: Das Arzneimittelgesetz wird geändert, doch schon 2002 schockieren Funde von Kalbfleisch aus den Niederlanden, das mit Chloramphenicol belastet ist. Dieses Antibiotikum kann Allergien, Schädigungen des Knochenmarks und Fieber hervorrufen. 2005 findet die Zeitung Öko-Test bei einer Untersuchung von Schweineschnitzeln in jedem dritten Stück Spuren von Antibiotika. 2006 tritt ein europaweites Antiobiotika-Verbot für die Tierzucht in Kraft.

(SZ vom 8.2.2008)

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