Die Erfindung der Glühbirne:Licht ins Dunkel

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Jahrelang glaubte eine Stadt, Heinrich Göbel sei der wahre Erfinder der Glühbirne. Er selbst behauptete das nie.

Willi Winkler

Hier zu sterben wäre sicher schön. Auf hundertfünfzig Metern Fußgängerzone hat der Springer gleich drei Bestattungsunternehmer zur Auswahl und dann ist es mit Springe ohnehin vorbei, jedenfalls mit der Altstadt.

Am Ende der verkehrsberuhigten Zone glimmt ein Licht hinter einer schmiedeeisernen Tafel, die besagt, dass hier, akkurat in diesem Hause, am 20. April 1818 der ,,Erfinder der elektrischen Glühlampe'' geboren sei, Heinrich Göbel.

,,Aber die elektrische Glühlampe hat Thomas Alva Edison erfunden'', sagt der zehnjährige Sohn des Bürgermeisters Jörg-Roger Hische, ,,und das Telefon und den Kinematograph.''

Edison ist aber nicht 1818, nicht in Springe, und schon gar nicht in diesem Hause geboren. Der Bürgermeister betont, dass er den Streit darum, wer der Welt nun das elektrische Licht aufgesteckt habe, gelassen sehe. Niemand denke daran, Denkmäler abzureißen oder Schulen und Straßen umzubenennen, aber er müsse doch zugeben, dass die Springer aufgewühlt seien.

Ein Einheimischer wies nämlich in einem sorgfältig recherchierten Buch nach, dass er und seine Mitbürger Opfer von Göbels ,,betrügerischer Hochstapelei'' seien. Nicht einmal das Geburtshaus ist das Geburtshaus, berichtigt Hans-Christian Rohde in der ,,Göbel-Legende'', und der Todestag, der auf weiteren Denkmälern verzeichnet ist, stimmt auch nicht.

Wie war das mit der Lampe nun wirklich?

Im Stadtmuseum steht in der Göbel-Ecke hinter der Bezeichnung ,,Erfinder der Glühlampe'' neuerdings ein Fragezeichen. Die Sache brennt; über den Hochstapler Göbel war ein Beitrag im Fernsehen, Springe droht in einen Abgrund an Hochstapelei zu fallen.

Springe, das muss gesagt werden, ist eine sonst nicht weiter auffällig gewordene Stadt mit dreißigtausend Bewohnern und liegt eine halbe S-Bahn-Stunde von Hannover entfernt. Bürgermeister Hische sagt, hier sei noch eine ,,schöne, heile Welt''.

Die Göbel-Legende ist den Springern lieb und teuer. Ein Heinrich-Göbel-Stammtisch tagte so lange, bis Göbels vermeintliche Erfindung auch im Brockhaus gewürdigt wurde. Sogar Hans Eichel setzte seine schwungvolle Unterschrift unter die unhaltbare Behauptung, Göbel habe bereits ein Vierteljahrhundert vor Edison die elektrische Glühlampe erfunden. Aber wie war das mit der Lampe nun wirklich?

Das ist bei Rohde nachzulesen. Göbel (später: Goebel) erlernte in Springe das Schlosserhandwerk und ging 1848 nach New York. In seinem Sterbejahr 1893 verklagte Edison eine Konkurrenzfirma, für die auch Göbel gearbeitet hatte, wegen Patentrechtsverletzung, während diese auf Göbel als den wahren Erfinder der Glühlampe verwies. Göbel selber behauptete es nicht.

Er hatte sich einige Erfindungen patentieren lassen; die Glühlampe war nicht darunter, und dass er je eine funktionsfähige Lampe herstellt hat, ist nicht zu beweisen.

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