Deutsche in der Türkei vor Gericht:20 Kilo Heroin und Erklärungsnöte

In der Türkei steht eine zweifache Mutter aus Duisburg wegen Drogenschmuggels vor Gericht. Woher das Heroin in ihrem Koffer kam, weiß sie nicht.

Kai Strittmatter

Und wieder steht eine junge deutsche Urlauberin in der Türkei vor Gericht. Doch anders als im Falle des Schülers Marco W. ist diesmal eines unstrittig: Es hat ein Verbrechen stattgefunden - die Polizei fand im Zuge dreier Festnahmen im vergangenen Sommer 20 Kilogramm Heroin. Die Frage ist bloß: Wem gehörte das Heroin und wer wusste davon?

Sabrina A. in Izmir vor Gericht, dpa

Sabrina A. auf dem Weg ins Gericht von Izmir.

(Foto: Foto: dpa)

Die 20-jährige Sabrina A. aus Duisburg bestritt auch zum Prozessauftakt am Dienstag vehement, von dem Schmuggel gewusst zu haben. Ihre Familie sagt, sie sei von türkischen Bekannten reingelegt worden. Der Prozess wird in Izmir abgehalten, die Anklage lautet auf Heroinschmuggel und Bandenkriminalität. Darauf stehen im schlimmsten Fall 15 Jahre Gefängnis. Was den Fall besonders macht: In der Untersuchungshaft hat Sabrina A. ein Baby bekommen. Ihr Sohn ist heute etwas mehr als einen Monat alt, er heißt Jason.

Eines kann man mit Sicherheit sagen: Sabrina A. hatte die falschen Freunde. Ihre türkischen Bekannten Nihat E. und Erdogan U. waren offenbar schon länger von der türkischen Polizei überwacht worden, als Sabrina A. im Juli gemeinsam mit ihrem Freund für ein paar Urlaubstage im südtürkischen Badeort Antalya eintraf. Zwei Gendarmen, so schrieb die Zeitung Hürriyet, hatten in dem Hotel, in dem die Duisburgerin abstieg, als Hotelboy und als Kellner getarnt Wache geschoben. Die Polizei schlug zu, als Sabrina A. mit einem Taxi zum Flughafen von Antalya fuhr, um zurück nach Deutschland zu fliegen. In einem Koffer in dem Taxi fand die Polizei ein Geheimfach, und darin fünf Kilogramm Heroin. Im Hotelzimmer eines der beiden anderen Angeklagten fanden die Beamten dann noch einmal drei Koffer mit weiteren fünfzehn Kilo.

Die Anklage wirft Sabrina A. vor, gegen Bezahlung als Drogenkurierin gearbeitet zu haben. Die Deutsche blieb auch am Dienstag bei ihrer Aussage, sie habe von den Drogen nichts gewusst, der Koffer im Taxi gehöre ihr nicht und sie habe ihn lediglich als Freundschaftsdienst für jenen türkischen Bekannten mitnehmen wollen, der sie im Taxi zum Flughafen begleitete. Die Anwälte der Deutschen hoffen nun auf eine Entlastung ihrer Mandantin durch die türkischen Angeklagten.

Bei ihrer Festnahme war Sabrina A. 19 Jahre alt und bereits im zweiten Monat schwanger. Den Großteil der Untersuchungshaft verbrachte sie in einer Großraumzelle in Antalya, bevor sie nach Izmir verlegt wurde, wo der Prozess stattfindet. Die deutsche katholische Gemeinde in Antalya unterstützte sie dort und sammelte Geld für sie. "Sie hat sich nicht beklagt", sagte Prälat Rainer Korten dem WDR-Fernsehen. Nach der Geburt des Kindes bekam sie eine eigene Zelle für die Nacht.

Sie kann ihr Kind jeden Tag sehen. Seelsorger Korten berichtet, Sabrina A. habe die Gemeinschaft im Gefängnis mit den Worten beschrieben, es sei "fast wie eine große Familie". In Briefen an ihre Eltern schrieb sie unterdessen über ihre Angst. In einem Brief kurz vor der Geburt ihres Sohnes hieß es: "Ich bete die ganze Zeit, dass ich freigesprochen werde und ihn nicht im Gefängnis großziehen muss." Den Prozessauftakt gegen seine Mutter erlebte der kleine Jason nicht im Gerichtssaal, er wurde den Anwälten zufolge im Gefängnis von Bergama betreut. Sabrina A. hat schon eine zweijährige Tochter, die derzeit bei Verwandten in Deutschland lebt.

Hans Reinhardt, der deutsche Anwalt von Sabrina A., hofft unabhängig vom Urteil auf eine Auslieferung seiner Mandantin nach Deutschland bald nach Prozessende. Tatsächlich wäre dies nicht das erste Mal. Im Jahr 2001 war die 18-jährige Berliner Schülerin Andrea R. mit sechs Kilo Heroin erwischt worden. Sie wurde von einem Gericht in Izmir zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Doch schon nach einem Jahr überstellten die türkischen Behörden sie nach Deutschland, wo sie den Rest ihrer Haftstrafe in einem Gefängnis in Berlin absitzen durfte. Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat mittlerweile ebenfalls ein Verfahren gegen Sabrina A. eingeleitet.

Die Türkei ist noch immer eines der Haupttransitländer für den Heroinschmuggel von Afghanistan, Pakistan und Iran nach Europa. Organisierte Banden haben den Handel im Griff, den Sicherheitsbehörden zufolge nutzen aber auch die Rebellen von der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK den Drogenhandel als Einkommensquelle.

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