Der Fall Polanski:Willkürliche Verhaftung

Die Schweiz hat sich mit der plötzlichen Verhaftung Roman Polanskis zum US-Handlanger gemacht. Der Regisseur verdient eine faire Behandlung.

Heribert Prantl

Der Fall Polanski ist geeignet, das gesamte System der internationalen Rechtshilfe in Verruf zu bringen. Es ist dies ein sensibles System, es lebt vom Vertrauen. Es lebt vom Vertrauen der Staaten untereinander und es lebt vom Vertrauen der Menschen, die sich in einem Rechtsstaat aufhalten. Dieses Vertrauen geht in diesem Fall kaputt - nicht deswegen, weil Polanski ein prominenter Regisseur ist. Das Vertrauen geht kaputt, weil der Prominenz des Verhafteten wegen bekannt wird, wie schludrig auf internationaler Ebene mit rechtsstaatlichen Grundsätzen umgegangen wird.

Der Fall Polanski: Ein Mann zeigt auf dem Filmfestival in Zürich ein "Free Polanski"-Zeichen, das er sich ans Hemd geheftet hatte.  Der 76-jährige Regisseur Roman Polanski hätte auf dem Festival den Preis für sein Lebenswerk verliehen bekommen sollen. Er wurde allerdings unmittelbar nach seiner Einreise in die Schweiz festgenommen.

Ein Mann zeigt auf dem Filmfestival in Zürich ein "Free Polanski"-Zeichen, das er sich ans Hemd geheftet hatte. Der 76-jährige Regisseur Roman Polanski hätte auf dem Festival den Preis für sein Lebenswerk verliehen bekommen sollen. Er wurde allerdings unmittelbar nach seiner Einreise in die Schweiz festgenommen.

(Foto: Foto: AFP)

Dürftig belegte oder verjährte Vorwürfe, die nach inländischem Recht nie und nimmer für eine Verhaftung genügen würden, reichen auf einmal dann aus, wenn sie von außen hereingereicht werden und den Interpol-Stempel tragen. Der Interpol-Stempel aber besagt gar nichts, schon gar nicht eine inhaltliche Prüfung der Angelegenheit.

Ein Staat, der den Haftbefehl eines anderen Staates vollstrecken soll, muss darauf vertrauen können, dass dieser Haftbefehl auf Recht und Gesetz, nicht aber auf Rechthaberei oder Willkür beruht. Daran gibt es im Fall Polanski erhebliche Zweifel. Wenn es solche Zweifel gibt, dann muss das die Schweiz sorgfältig prüfen - und zwar nicht erst dann, wenn der Verhaftete schon in der vierten Woche seine Runden auf dem Gefängnishof dreht. Fremde Haftbefehle tun genauso weh wie heimische Haftbefehle. Man hat den Verdacht, dass sich die Schweiz, um gefällig zu sein, zum US-Handlanger gemacht hat.

Die Tat, die Polanski vorgeworfen wird, ist 32 Jahre her. Die US-Justiz verfolgt ihn mit einer Verbissenheit und Gnadenlosigkeit, die argwöhnisch machen muss. Sie verfolgt ihn, obwohl ihm das Opfer vor Jahr und Tag vergeben hat. Roman Polanski verdient keine Sonderbehandlung deswegen, weil er der Regisseur Polanski ist. Er verdient eine Behandlung, die im Rechtsstaat jeder Beschuldigte erwarten kann - sorgfältige Prüfung, fairen Umgang. Die Verhaftung des Regisseurs aber grenzt an Willkür.

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