Conterganopfer:Boykottaufruf besteht weiter

Opfer des Arzneimittel-Skandals lassen nicht locker: Sie wollen den Boykott gegen die Unternehmerfamilie Wirtz aufrecht erhalten.

Im Streit mit der Unternehmerfamilie Wirtz um Entschädigungen in Milliardenhöhe lassen Conterganopfer nicht locker. Der Bund Contergangeschädigter und Grünenthalopfer (BCG) betonte, sein vor zwei Jahren gestarteter Boykottaufruf gegen Produkte der Familiengruppe habe weiterhin Bestand. Der Familie gehört der Contergan-Hersteller Grünenthal und die Dalli-Gruppe, die Waschmittel und Kosmetika herstellt. "Der Boykottaufruf bleibt weiter aufrechterhalten", sagte BCG-Vorsitzender Andreas Meyer.

Entgegen einer ersten Ankündigung klagt die Dalli-Gruppe vorerst nicht gegen den Boykottaufruf. Nur wenn ein neuer Aufruf Arbeitsplätze gefährde, werde die Gruppe klagen, sagte Geschäftsführer Ulrich Grieshaber der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Er setze auf Einsicht bei den Conterganopfern: "Ich hoffe, dass Verständnis eingekehrt ist, dass wir nichts mit Contergan zu tun haben." Der BCG hatte zum Boykott von Medikamenten, Waschmitteln und Kosmetika aus der Familiengruppe in Stolberg bei Aachen aufgerufen, um eine Entschädigung von fünf Milliarden Euro zu erreichen. Die Dalli-Gruppe erwirkte per einstweiliger Verfügung ein sofortiges Verbot, das aber vom Landgericht Köln im Juni aufgehoben wurde.

Das Unternehmen hatte noch im Gerichtssaal angekündigt, es werde "alle zu Gebote stehenden juristischen Mittel ausschöpfen, um den Boykott- Aufruf zu unterbinden". Meyer sagte, das Unternehmen scheue nun aber offensichtlich den Weg durch die Instanzen und ein "Spießrutenlaufen der öffentlichen Berichterstattung".

Das Schlafmittel Contergan der Firma Grünenthal hatte Ende der 50er Jahre einen der größten Arzneimittelskandale in der deutschen Geschichte ausgelöst. Weltweit kamen rund 10 000 Kinder mit schweren körperlichen Missbildungen zur Welt, vor allem an Armen und Beinen. In Deutschland waren 5000 Kinder betroffen.

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