China:Mindestens 50 Tote und Hunderte Verletzte bei gewaltigen Explosionen in Tianjin

  • Bei Explosionen in einem Containerhafen der chinesischen Stadt Tianjin werden nach offiziellen Angaben mindestens 50 Menschen getötet und Hunderte verletzt.
  • Die Opferzahl liegt möglicherweise noch deutlich höher.
  • Die chinesischen Behörden versuchen, Informationen zu der Explosion zu kontrollieren.

Dutzende Tote und Hunderte Verletzte

Die Zahl der Toten bei den gewaltigen Explosionen in der chinesischen Metropole Tianjin ist auf 50 gestiegen. Unter den Toten seien auch zwölf Feuerwehrleute, berichtete die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Donnerstag unter Berufung auf Rettungskräfte.

Nachdem am Mittwochabend in einem Hafenlager der Stadt ein Feuer ausgebrochen war, kam es kurz darauf zu einer Reihe heftiger Explosionen, die noch kilometerweit spürbar waren. Die Detonationen rissen Türen aus nahe gelegenen Gebäuden und ließen Fenster zersplittern.

Wie gewaltig die Explosion war, zeigt dieses Video:

Die Ursache der Explosionen ist noch unklar. Die Behörden sagen, dass es keine Anzeichen dafür gibt, dass giftige Chemikalien ausgetreten sind. Die Zeitung Beijing News berichtet online jedoch davon, dass ein unidentifizierter gelber Schaum im Hafengebiet aufgetreten sei.

Möglicherweise wird die Zahl der Toten noch weiter steigen. So seien allein ins Taida-Krankenhaus 42 Leichen gebracht worden, berichtet die Tageszeitung Beijing News auf ihrer Website. Xinhua zufolge wurden insgesamt 520 Menschen in Kliniken eingeliefert, 66 davon sollen in Lebensgefahr schweben. Die Stadtregierung hat die Opferzahlen nun mit bis zu 700 Verletzten beziffert.

Die chinesischen Behörden versuchen, die Kontrolle über Informationen vom Unglücksort zu gewinnen. Mit Absperrseilen sorgt die Polizei dafür, dass Journalisten und Zuschauer nicht dichter als einige Kilometer an die Explosionsstelle herankommen. Auf dem in China populären Kurznachrichtendienst Weibo beschwerten sich etliche Nutzer, dass ihre Posts über die Detonationen gelöscht worden seien. Dass die chinesischen Behörden Informationen nach Großereignissen kontrollieren wollen, ist durchaus üblich.

Erste Explosion in Lager für Gefahrengüter

Die Polizei teilte mit, eine erste Explosion habe sich in Schiffscontainern eines Lagers für Gefahrengüter ereignet. Das Lager gehört dem Logistikunternehmen Ruihai Logistics. Die staatlichen Medien sprachen davon, dass Führungskräfte von Ruihai von den Behörden festgenommen worden seien. Präsident Xi Jinping fordert demnach harte Strafen für diejenigen, die für die Explosionen verantwortlich seien.

Die erste Explosion habe weitere Detonationen in nahe gelegenen Betrieben ausgelöst, berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua. Das Nationale Erdbebenschutzamt sprach von zwei großen Explosionen vor Mitternacht, die erste gleichbedeutend mit einer Sprengkraft von drei Tonnen TNT, die zweite gar von 21 Tonnen.

Ein halbes Dutzend Gebäude anderer Logistikunternehmen wurden durch die Detonationen zerstört, mehr als 1000 neue Autos des Fahrzeugherstellers Renault gingen Beijing News zufolge auf einem Parkplatz in Flammen auf.

Fotos von Augenzeugen zeigten einen gigantischen Feuerball mit einer pilzförmigen Wolke, auf anderen Bildern waren der vom Feuer in hellem Orange erleuchtete Himmel und große Rauchschwaden zu sehen. CCTV berichtete, sechs Teams von Feuerwehrleuten hätten das Feuer unter Kontrolle gebracht. Auch Stunden nach den Explosionen steigen dichte Rauchsäulen über dem Unglücksort auf.

"Es gab diesen großen Feuerball am Himmel mit dichten Wolken"

Die Einsatzkräfte suchten die Umgebung nach weiteren Verletzten ab. Sie habe sich in ihrem Haus befunden und gedacht, dass die Erde beben würde, sagte eine Einwohnerin von Tianjin, Zhang Siyu. "Erst als ich draußen war, realisierte ich, dass es eine Explosion war. Es gab diesen großen Feuerball am Himmel mit dichten Wolken. Jeder konnte es sehen." Sie habe verletzte und weinende, aber keine toten Menschen auf den Straßen gesehen, konnte aber "den Tod spüren", sagte Zhang.

In den umliegenden Orten - etwa zehn bis 20 Kilometer von den Explosionen entfernt - schliefen einige Einwohner mit Gasmasken auf der Straße. Anwohner Han Xiang sagte, die Situation habe derjenigen eines verheerenden Erdbebens in der Region vor fast 40 Jahren geähnelt. "Aber dann war da eine riesige Pilzwolke, weshalb wir dachten, wir befänden uns in einem Krieg."

Einer der wichtigsten Häfen Chinas

Tianjin liegt etwa 120 Kilometer südöstlich von Peking und unweit der Bohai-Bucht. Die Stadt hat knapp 15 Millionen Einwohner und ist einer der wichtigsten Häfen Chinas. Unter den großen Metropolen der Volksrepublik gilt Tianjin als eine der moderneren. Mit Peking ist sie durch eine Hochgeschwindigkeitsbahnlinie verbunden.

In China gibt es immer wieder Explosionen in Industrieanlagen: Erst im Juli kamen 15 Menschen ums Leben, während mehr als ein Dutzend weitere verletzt wurden, als in der nördlichen Provinz Hebei ein illegales Lagerhaus für Feuerwerkskörper in die Luft flog. Vor einem Jahr starben zudem mehr als 70 Menschen bei einer Explosion in einer Autoteilefabrik in Kunshan bei Shanghai. Grund für die Unglücke sind oft mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen und laxe Kontrollen durch die Behörden.

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