Chemieunfall:Suche nach Vermissten nach Brand bei BASF dauert an

  • Bei BASF hat es an zwei verschiedenen Standorten Unfälle gegeben.
  • Bei einer Explosion in Ludwigshafen und nachfolgenden Bränden starben nach Unternehmensangaben zwei Menschen, sechs weitere wurden schwer verletzt.
  • Der Brand ist inzwischen gelöscht. Zwei Personen werden nach wie vor vermisst.

Von Susanne Höll und Martin Anetzberger

Auf dem Werksgelände des Chemiekonzerns BASF in Ludwigshafen ist es am Montag zu einer Explosion mit mehreren Folgebränden gekommen. Dabei starben nach Unternehmensangaben zwei Menschen, sechs weitere wurden schwer verletzt. Außerdem haben weitere Personen leichte Verletzungen davongetragen - wie viele, ist nicht bekannt. Zwei Menschen werden auch am Dienstagmorgen noch vermisst. Der Brand ist inzwischen gelöscht.

Was genau zu der Explosion geführt hat, ist noch völlig unklar. Auf einer Pressekonferenz am späten Montagnachmittag äußerte sich Werksleiter Uwe Liebelt zu dem Unfall. Demnach habe es zunächst einen Brand an einer Versorgungsleitung gegeben, zu dem die BASF-Werksfeuerwehr ausgerückt sei. Nach ihrem Eintreffen habe sich dann die Explosion ereignet, sagte Liebelt. Er sprach von einem traurigen Tag für das Unternehmen, die Gedanken seien bei den Verstorbenen und Verletzten und deren Angehörigen.

Löscharbeiten bis in die Nacht - keine erhöhten Gefahrstoffwerte

Bei dem Einsatz am Nordhafen in Ludwigshafen waren 100 Mitarbeiter der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehren aus Ludwigshafen und Mannheim und zusätzlich etwa 60 Mann der BASF-Werksfeuerwehr im Einsatz. Die Löscharbeiten dauerten bis in die Nacht hinein an. Die Feuerwehr hatte den Brand nach eigenen Angaben zwar unter Kontrolle. Jedoch brannte kurz vor Mitternacht noch immer ein Feuer in einem Rohrgraben, in dem sich mehrere Leitungen befinden, wie die Stadt Ludwigshafen mitteilte.

Auf Bildern und Videos lässt sich das Ausmaß der Explosion nur erahnen. In einem Video vom Mittag sind eine schwarze Qualmwolke und hoch auflodernde Flammen zu sehen. Bis ins Stadtzentrum sei ein lauter Knall zu hören gewesen, hieß es bei der Rheinpfalz, Fensterscheiben wackelten. Die Bewohner der betroffenen Gebiete wurden aufgefordert, Fenster und Türen zu schließen und Lüftungs- und Klimaanlagen abzuschalten. Die Schulen und Kindertagesstätten in den Stadtteilen Edigheim und Pfingstweide wurden informiert, dass Kinder und Jugendliche zunächst in den Einrichtungen bleiben sollten. Grund dafür sei, dass mehrere Personen in Edigheim über Atemwegsbeschwerden geklagt hätten.

Steamcracker

Ob Hüftprothesen, Trinkhalme oder Klarsichthüllen: In den Steamcrackern werden die Bausteine unseres von Kunststoffen geprägten Alltags produziert. Die englische Bezeichnung lässt sich mit "Dampfspalter" übersetzen. Um Kunststoffe wie Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP) herzustellen, braucht die Chemieindustrie kurzkettige Kohlenwasserstoffe. Im Rohbenzin kommen diese aber vor allem in langen Ketten vor. In Steamcrackern wird das Rohbenzin daher mit Dampf vermischt und unter Druck auf eine Temperatur von etwa 850 Grad Celsius erhitzt. Die Kohlenwasserstoffketten werden dadurch gespalten, also "gecrackt". Während des Vorgangs entstehen mehrere Spaltprodukte, die anschließend weiterverarbeitet werden. Die Steamcracker sind mitunter mehrere Fußballfelder groß und bilden das Herzstück vieler Chemieunternehmen.

Am Abend gab BASF vorsichtig Entwarnung: Am Boden und in der Luft seien keine erhöhten Werte gefährlicher Stoffe festgestellt worden.

Zentrale Produktionsanlagen vorerst heruntergefahren

Das Unternehmen hatte seine zentralen Produktionsanlagen kurz nach dem Unglück vorsichtshalber heruntergefahren. Dazu gehörten auch die zwei sogenannten Steamcracker. Sie sind das Herzstück des Werks. Das BASF-Werk in Ludwigshafen ist der wichtigste Chemiestandort in Deutschland. 40 000 Menschen arbeiten hier, das ist etwa ein Drittel der gesamten Belegschaft. Mit etwa zehn Quadratkilometern ist das Stammwerk des Konzerns das größte zusammenhängende Chemieareal der Welt. Zum Gelände gehört auch der sogenannte Landeshafen Nord, wo sich jetzt das Unglück ereignet hat und in dem brennbare Flüssigkeiten und unter hohem Druck verflüssigte Gase umgeschlagen werden.

Früher am Tag war es am wenige Kilometer entfernten BASF-Standort Lampertheim in Hessen zu einer Verpuffung am Filter einer Anlage für Kunststoffzusätze gekommen. Dabei zogen sich vier Mitarbeiter Verletzungen zu, wie das Unternehmen mitteilte. Die Anlage wurde abgestellt. Eine Umweltverseuchung sei nicht festgestellt worden.

Mit Material der Agenturen

Wichtige Infos zum Chemieunfall

Verhaltenshinweise der Behörden: Feuerwehr und Polizei bitten die Anwohner der betroffenen Gebiete Türen und Fenster zu schließen und Klimanalagen abzuschalten

Informationen zur Katastrophe: Die BASF und die Stadt Ludwigshafen informieren über ihre Internetseiten und via Twitter laufend über den Stand der Rettungsarbeiten.

Info-Telefone: Feuerwehr Ludwigshafen (0621) 57 08 6000, BASF-Bürgertelefon (0621) 50 50 500 und Umweltzentrale (0621) 60 40 40

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