Chef der Lega Nord tritt zurück:Bossi stürzt über Betrugsskandal

Er ist ein alter Weggefährte Silvio Berlusconis und einer der prominentesten Politiker Italiens: Umberto Bossi, bekannt für seine scharfen Worte gegen die Korruption in Rom und im Süden des Landes, ist von seinem Amt als Chef der rechtspopulistischen Lega Nord zurückgetreten - wegen eines Skandals um Veruntreuung und Betrug.

Es geht um veruntreute Parteigelder, um "Selbstbedienung" bei Spesen aus der Wahlkampfkasse: Die italienische Lega Nord wird seit Tagen von einem Betrugsskandal erschüttert. Gegen Umberto Bossi, einen der prominentesten Politiker Italiens und langjähriger Chef der rechtspopulistischen Partei, wird zwar bislang nicht persönlich ermittelt. Dennoch hat der 70-Jährige am Freitag seinen Rücktritt bekannt gegeben.

Italian Northern League leader Umberto Bossi submitted his 'irrev

"Unwiderruflich" trat Umberto Bossi von seinem Amt als Chef der italienischen Lega Nord zurück.

(Foto: dpa)

Er sei abgetreten, "um besser den Ruf der Bewegung und seiner Familie verteidigen zu können", teilte die Lega Nord mit. Bossi, alter Weggefährte des mehrfachen Regierungschefs Silvio Berlusconi, hatte die norditalische Regionalpartei selbst vor mehr als drei Jahrzehnten gegründet.

Medien berichteten, Schatzmeister Francesco Belsito, der ebenfalls sein Amt niedergelegt hatte, werde vorgehalten, mindestens 300.000 Euro aus der Kasse der Partei an Bossi und dessen Sohn Renzo weitergeleitet zu haben. Diese Informationen sollen auf Telefongespräche zurückgehen, die von Ermittlern abgehört wurden und so in die Medien gelangten. Belsito wird Geldwäsche, Betrug und Veruntreuung vorgeworfen. Staatsanwaltschaften in Mailand, Reggio di Calabria und Neapel ermitteln gegen die Partei.

Die Lega soll fünf Millionen Euro entgegen der Bestimmungen in Tansania und Zypern investiert haben. Es gibt auch Hinweise auf Beteiligung an Geldwäsche aus Mafia-Geschäften. Auch Bossi und seine Familie sollen in den Skandal verstrickt sein und Parteigelder für private Reisen und Bauarbeiten verwendet haben. Bossi weist die Vorwürfe zurück.

Der Veruntreuungsskandal trifft eine Partei, die bisher mit ihrer norditalienischen "Sauberkeit" geworben hatte. Bossi war bekannt für seine scharfen Worte gegen den "römischen Sumpf" und Italiens Süden. Die Lega kämpft für Föderalismus und gegen Einwanderung in den Norden.

Roberto Maroni, der neue starke Mann?

Ein Trio soll die Partei übergangsweise bis zu einem Parteitag führen, teilte die Lega Nord mit. Darunter ist auch der ehemalige Innenminister Roberto Maroni, der zum neuen starken Mann in der Lega werden könnte.

Bossi habe seinen Rücktritt als "unwiderruflich" bezeichnet, heißt es. Er solle die Ehrenposition eines Präsidenten der Partei einnehmen, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Bossi hatte 2004 einen Hirnschlag und einen Herzinfarkt erlitten, war aber später in einem Kabinett Berlusconis wieder Reformminister geworden.

Die Lega war nach dem Rücktritt Berlusconis Mitte November 2011 als einzige der größeren Parteien im römischen Parlament in Opposition zur neuen Regierung des ehemaligen EU-Kommissar Mario Monti gegangen. Das bedeutete auch einen erneuten Bruch in der stürmischen Beziehung zwischen Bossi und Berlusconi.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: