Castel Gandolfo in Rom:So schläft der Papst

Das "Appartamento", die Ferienwohnung in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo, gehörte bisher zu den geheimnisvollsten Räumlichkeiten der Welt. Papst Franziskus öffnet sie jetzt für Besucher.

Von Oliver Meiler, Rom

Für alle, die sich mal gefragt haben, wie sich Päpste nächtens betten: Sie tun es recht bescheiden, ohne Baldachin und ähnlichen dekorativen Firlefanz. Die Matratze? Weder King Size noch Queen Size, sondern höchstens eineinhalb Schlafplätze. Dennoch hofft man im Vatikan, dass nun viele Neugierige nach Castel Gandolfo bei Rom fahren und dort im Apostolischen Palast gegen zehn Euro Eintritt die Gemächer der Päpste besuchen werden.

Das "Appartamento", die Ferienwohnung in der päpstlichen Sommerresidenz, gehörte bisher zu den geheimnisvollsten Räumlichkeiten der Welt. Franziskus öffnet sie dem Volk. Er brauche sie nicht, sagte der Argentinier, er mache ja nie Urlaub. Die Verantwortlichen der Vatikanischen Museen, die den Palast verwalten, versichern, sie hätten alles genau so belassen, wie sie es vorgefunden hätten. In aller Einfach- und Nüchternheit. Man muss ihnen wohl glauben.

Ausstattung mit Charme eines angestaubten Drei-Sterne-Hotels

Die Privatwohnung besteht aus zwei Teilen. Im Haupttrakt gibt es einige prunkvolle Säle mit buntem Marmor und schweren, wertvollen Gemälden. Sie dienten früher dem Zeremoniell, wenn Staatsgäste oder Kardinäle hochfuhren, um den Pontifex dort zu treffen, wo er der Hitze der Stadt manchmal monatelang entsagte. Im kleineren Teil finden sich ein Arbeitszimmer, eine Privatkapelle und - das Schlafzimmer. Die geschwungene Bettumrahmung aus Messing, der ockerfarbene Überwurf, der dunkelbraune Kleiderschrank, die bleichen Perserteppiche - die Ausstattung verströmt den Charme eines angestaubten italienischen Drei-Sterne-Hotels aus den Siebziger- oder Achtzigerjahren.

Als erster Papst verbrachte von 1626 an Urban VIII. seine Sommer jeweils hier oben. Der Florentiner Maffeo Barberini war ein baufreudiger Gottesmann; in seinem Pontifikat wurde auch der Petersdom fertig. Den Palazzo in Castel Gandolfo hatte er erstellen lassen, da war er noch Kardinal. Doch nicht alle seine Nachfolger beehrten die Sommerresidenz gleich gern, manche sogar überhaupt nie, obschon man von dem Ort aus einen wunderbaren Panoramablick hat - auf das Meer, auf den Lago Albano, auf die Stadt in der Ebene, auf die Berge der Abruzzen. Im vergangenen Jahrhundert war die Residenz wieder sehr populär.

Johannes Paul II. ließ ein Schwimmbad einrichten

Pius XII. und Paul VI. waren oft oben, sie starben im Schlafzimmer des "Castello". Johannes Paul II. ließ ein Schwimmbad einrichten. Benedikt XVI. flog mit dem Hubschrauber nach Castel Gandolfo, kaum dass er abgedankt hatte. Er blieb dort während der gesamten Sedisvakanz, entrückt in den Albaner Bergen, damit seine Präsenz keine Schatten werfe auf die Suche seines Nachfolgers.

Die Residenz war also oft eine bedeutsame Bühne, für die Kirche wie für die Weltpolitik. Zum Mythos aber wurde sie im Zweiten Weltkrieg, als Bomben über den römischen Vorstädten niedergingen und Papst Pius XII., Eugenio Pacelli, das "Castello" für die Evakuierten öffnete. Das päpstliche Schlafzimmer wurde zum Gebärsaal. Vierzig Römer kamen dort zur Welt. Ein Dutzend von ihnen heißt Eugenio. Auch sie können die Gemächer nun zum ersten Mal besuchen und den italienischen Medien von ihren Emotionen erzählen. Man nennt sie auch "Figli del Papa", Kinder des Papstes, was natürlich nicht genau so gemeint ist.

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