Mögliche Veruntreuung von Spenden:Captain Tom Moores Angehörige unter Verdacht

Mögliche Veruntreuung von Spenden: Captain Tom Moore gilt als eine Art Nationalheld, seit er vor zwei Jahren innerhalb weniger Wochen mehr als 30 Millionen Pfund Spenden sammelte.

Captain Tom Moore gilt als eine Art Nationalheld, seit er vor zwei Jahren innerhalb weniger Wochen mehr als 30 Millionen Pfund Spenden sammelte.

(Foto: Chris Jackson/Getty Images)

Vor zwei Jahren sammelte der fast 100-jährige Brite 31 Millionen Pfund Spenden. Nun wird seinen Angehörigen vorgeworfen, sich mittels einer Stiftung bereichert zu haben, die in seinem Namen gegründet wurde.

Von Alexander Menden

Am 6. April 2020 begann der damals 99-jährige britische Weltkriegsveteran Captain Tom Moore, in seinem Garten im Kreis zu laufen. Mit einem Rollator. Sein Ziel war es, mit diesem Wohltätigkeitslauf auf dem eigenen Grundstück bis zu seinem 100. Geburtstag am 30. April 1000 Pfund für die Spendenaktion "NHS Charities Together" zugunsten des britischen Gesundheitsdienstes zu sammeln.

Der Rest ist Geschichte: Captain Tom sammelte mehr als 31 Millionen Pfund, sein Geburtstag wurde mit einem Überflug der Royal Air Force gefeiert, er erhielt rund 150 000 Glückwunschkarten und wurde zum Ehrenoberst des Army Foundation College ernannt. Am 17. Juli ernannte die Queen ihn auf Schloss Windsor zum Knight Bachelor und erhob ihn damit in den Ritterstand. Als Captain Tom am 2. Februar 2021 an einer Corona-Infektion starb, pries die Sun ihn als "Symbol des britischen Kampfes gegen Covid".

Mögliche Veruntreuung von Spenden: Nach seinem 100. Geburtstag erhob Königin Elizabeth II. den Kriegsveteranen Moore in den Ritterstand.

Nach seinem 100. Geburtstag erhob Königin Elizabeth II. den Kriegsveteranen Moore in den Ritterstand.

(Foto: Chris Jackson/AFP)

Nun jedoch stehen Tom Moores Angehörige im Verdacht, sich mittels einer Stiftung bereichert zu haben, die in seinem Namen gegründet wurde. Die "Captain Tom Foundation" entstand im Juni 2020 mit dem Ziel, ältere Menschen "durch Spendenaktionen und Sensibilisierungskampagnen zu unterstützen". Jetzt hat sich die Charity Commission eingeschaltet, eine Aufsichtsbehörde, die für die Überprüfung der Gemeinnützigkeit wohltätiger Organisationen in England zuständig ist.

Die Kommission hatte zu Beginn dieses Jahres eine Reihe von Gesprächen mit der Stiftung geführt, weil Bedenken über die Art und Weise aufgekommen waren, wie sie geführt wurde. Nachdem neue Hinweise auf ein möglicherweise schwerwiegendes Fehlverhalten aufgetaucht sind, wurden diese Gespräche nun zu einer umfassenden Untersuchung ausgeweitet.

Sie soll klären, ob ein privates Unternehmen, das von Captain Toms Tochter Hannah Ingram-Moore und ihrem Ehemann Colin geleitet wird, profitiert hat, indem es den Markennamen "Captain Tom" in Variationen, etwa mit "K" geschrieben, genutzt hat, ohne dass die Stiftung gegen mögliche Interessenkonflikte Einspruch erhob. Die Firma, Club Nook Ltd., hatte sich den Namen "Captain Tom" markenrechtlich schützen lassen - und zwar schon im April 2020, also zwei Monate vor der Gründung der Captain Tom Foundation.

Mögliche Veruntreuung von Spenden: Drei Wochen lang schob Tom Moore seinen Rollator vor sich her, um Spenden zu sammeln und inspirierte mit seiner Hartnäckigkeit zahlreiche Briten, sich ebenfalls zu engagieren.

Drei Wochen lang schob Tom Moore seinen Rollator vor sich her, um Spenden zu sammeln und inspirierte mit seiner Hartnäckigkeit zahlreiche Briten, sich ebenfalls zu engagieren.

(Foto: Justin Tallis/AFP)

Es soll zudem innerhalb der Stiftung zu Missmanagement und Verwaltungsfehlern gekommen sein. So verhinderte die Charity Commission im Juli 2021 die Berufung Hannah Ingram-Moores zur Geschäftsführerin der Stiftung mit einem Jahresgehalt von 100 000 Pfund, und begründete dies damit, eine derart hohe Entlohnung sei "weder angemessen noch vertretbar ". Nur einen Monat darauf wurde Ingram-Moore dennoch zur Geschäftsführerin ernannt, diesmal mit einem auf 85 000 Pfund dotierten Neunmonatsvertrag.

Helen Stephenson, die Leiterin der Charity Commission, betonte laut Guardian, man habe die Entscheidung, eine Untersuchung einzuleiten, nicht leichtfertig getroffen. "Der verstorbene Captain Sir Tom Moore", so Stephenson, "inspirierte die ganze Nation mit seinem Mut, seiner Hartnäckigkeit und seinem Einsatz für andere. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wohltätigkeit geschützt wird und dass die Menschen weiterhin Vertrauen in die Nutzung ihrer Spenden haben, wenn sie gute Zwecke unterstützen."

Die Charity Commission interveniert nur selten so massiv bei den laufenden Geschäften einer Wohltätigkeitsorganisation. Untersuchungen wie diese sind an sich auch noch kein Beweis für Fehlverhalten. Sie werden allerdings in der Regel nur dann vorgenommen, wenn die Aufsichtsbehörde sehr ernsthafte Bedenken hat. Die Spenden, die Captain Tom selbst sammelte, sind übrigens nicht Teil der Untersuchung. Sie gingen ohne Abzug an "NHS Charities Together".

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