Bundesgerichtshof:Stadt haftet für Schäden durch Feuerwehreinsatz

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Bei einem Feuerwehreinsatz in einem badischen Bio-Großhandel richtete umweltschädlicher Löschschaum einen Millionenschaden an. (Foto: Patrick Seeger / dpa)

Die Feuerwehr hatte bei einem Einsatz in einem Bio-Großhandel mit fluorhaltigem Schaum gelöscht - und einen Millionenschaden angerichtet.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Es wirkt natürlich immer etwas unglücklich, wenn die Feuerwehr zwar verhindert, dass ein Haus abbrennt, dann aber ihrerseits einen Schaden hinterlässt, wie ihn der Brand kaum schlimmer angerichtet hätte. Oft ist das nicht zu vermeiden; wenn es gilt, Leben zu retten, kann der Löschzug nicht pingelig sein. Aber im Fall eines badischen Großhändlers für Bioprodukte hinterließ die Feuerwehr im Februar 2010 dann doch ein ziemliches Desaster. Um das Übergreifen eines Großfeuers von einer bereits verlorenen auf die nächste Lagerhalle zu verhindern, setzte sie eine fluorhaltigen Schaum ein. Umweltschädigendes Zeug, das gesetzlich eigentlich längst aus dem Verkehr gezogen war, jedoch durften Restbestände noch für eine Übergangsfrist eingesetzt werden. Davon machten die Feuerwehrleute Gebrauch, dämmten das Feuer ein - und hinterließen ein Areal, das nun für einen Millionenbetrag saniert werden muss. Der Großhändler klagte auf Schadenersatz.

Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden: Dafür haftet die Stadt Baden-Baden. Und zwar deshalb, weil der Schaum - wiewohl im Prinzip gerade noch erlaubt - im konkreten Fall das falsche Mittel der Wahl war; Löschwasser hätte es auch getan, hatte ein Gutachter festgestellt. Damit stand fest, dass ein Feuerwehrkommandant fahrlässig gehandelt hatte.

Die rechtliche Frage, über die der BGH in diesem Verfahren zu entscheiden hatte, war durchaus brisant, nicht nur für die Feuerwehr, sondern auch für Polizei oder Katastrophenschutz. Genügt eine einfache Fahrlässigkeit der staatlich bestellten Helfer und Retter für eine Haftung? Oder müssen sie vor solchen Ansprüchen geschützt werden, indem sie nur für grobe Fahrlässigkeit haften? Die zweite Variante legt eine Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch nahe. Nach dem Urteil des BGH steht nun aber fest: Das Privileg, nur für wirklich grobe Fehler beim Rettungseinsatz haften zu müssen, steht nur spontan und altruistisch handelnden Privatpersonen zu - nicht den Profis mit Helm und Uniform. "Amtsträger, zu deren Pflicht die berufsmäßige Abwehr einer dringenden Gefahr gehört, sind typischerweise auf die hiermit verbundenen Noteinsätze vorbereitet", erläuterte der BGH-Senatsvorsitzende Ulrich Herrmann. "Sie sind dafür ausgebildet und können auf entsprechende Erfahrungen aus dem Berufsalltag zurückgreifen." Außerdem seien sie gegen Risiken besser abgesichert als private Nothelfer; normalerweise springt die Kommune respektive deren Versicherung ein. Der Weg, den Staat per Amtshaftungsklage haftbar zu machen, bleibt für die Betroffenen also offen. Was freilich auch kein ganz einfaches Unterfangen ist.

© SZ vom 15.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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