Bühnen-Rauchverbot in Spanien:Hippies fürchten um Kräutermischung

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In Barcelona ist ein Streit um das Musical "Hair" entbrannt, weil die Darsteller auf der Bühne rauchen. Der Produzent versteht die Aufregung nicht: Gezogen würde nur an einer Mischung aus Zitronengras, Basilikum und Nussbaumblättern.

Javier Cáceres

Es ist nun schon einige Zeit her, dass Hair am Broadway uraufgeführt wurde. Und wenn zeitgenössische Berichte stimmen, sorgte das Hippie-Musical seinerzeit für Aufruhr; immerhin handelte es den Konsum psychotroper Substanzen - Haschisch, Koks, LSD, Alkohol - in spaßiger Weise ab. Seit Dezember führt das Teatre Apolo in Barcelona eine spanischsprachige Fassung des Musicals auf, die nun unverhofft den Rang der Skandal-Inszenierung erlangt hat. Denn wie ein Anonymus aus dem Publikum zur Anzeige brachte, wird bei Hair auf der Bühne und zwischen den Stuhlreihen doch tatsächlich geraucht.

Hair-Probe in Bremen. Eine Inszenierung desselben Musicals in Barcelona sorgt nun für Wirbel in Spanien. (Foto: Archivbild: dpa)

Eine schriftliche Verwarnung hat das Amt für Öffentliche Gesundheit der Stadtverwaltung Barcelonas bereits ausgesprochen, in dem Brief heißt es, dass bei fortgesetzter Zuwiderhandlung eine Geldbuße von bis zu 10.000 Euro droht. Seit Januar ist es in Spanien verboten, in öffentlich zugänglichen Räumen zu rauchen - ganz egal, ob es sich um Diskotheken, Restaurants oder Theater handelt.

Im Apolo schuldig gemacht haben sich diverse junge Schauspieler, die Hippies mimen. Musical-Produzent Roger Peña soll das auch ohne weitere Umschweife eingestanden haben. Er nannte die offizielle Aufforderung gleichwohl "närrisch und lächerlich" und erklärte, es stehe zu befürchten, "dass wir Bogart-Filme verbieten."

Im gleichen Atemzug beteuerte er, niemand habe die Absicht, eine "Apologie des Tabakkonsums" zu betreiben. Die Handlung finde lediglich in einer Epoche statt, in der halt geraucht wurde. Ob die Schauspieler, die sich für ihre Rollen die Haare haben lang wachsen lassen, auch stilecht auf Deodorant verzichten, ist unbekannt.

"Blut auf der Bühne auch nicht echt"

Auch Spaniens sozialistische Gesundheitsministerin Leire Pajín schaltete sich in die Diskussion ein. Sie wies darauf hin, dass es überhaupt nicht notwendig sei, auf offener Bühne zu rauchen. Zudem belehrte sie darüber, dass das Blut, das hin und wieder auf Bühnen und Leinwänden fließe, in Wahrheit auch nicht echt sei. "Sowohl im Kino als auch im Theater werden Morde dargestellt, die gar nicht real sind", betonte Pajín. Sie habe volles Vertrauen in das Talent der spanischen Kulturszene, die Wege finden werde, das Rauchen zu simulieren.

Ausgerechnet durch diese Bemerkung sieht sich Produzent Peña vor ein Rätsel gestellt. Denn er erklärte, dies längst bewiesen zu haben. In dem Musical Hair seien weder Hasch- noch nikotinhaltige Zigaretten geraucht worden, sondern lediglich eine eigens angefertigte Kräutermischung aus Zitronengras, Basilikum und Nussbaumblättern. Über bewusstseinserweiternde Wirkungen der Mixtur schwieg sich Peña aus.

Derweil schlug sich der Regisseur Joan Ollé auf die Seite der Hair-Macher: "Die Leute, die sagen, dies sei illegal, sind Extremisten, und wenn es wirklich illegal sein sollte, muss man ein Delikt begehen. Ein Verbot, auf der Bühne zu rauchen, ist ein Delikt wider die Vernunft."

© SZ vom 16.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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