Briefe an Ministerien:Prinz Charles, die schwarze Spinne

Prinz Charles

Prinz Charles begeistert sich besonders für Umweltthemen - und soll auch Gespräche mit seinen Blumen führen.

(Foto: dpa)
  • Prinz Charles schreibt regelmäßig Briefe an Ministerien. Politiker und Journalisten verdächtigen den Monarchen, Lobbyarbeit zu betreiben.
  • Bisher durfte niemand Einblick in die Briefe erhalten - man bangt um das Ansehen des künftigen Königs und der Monarchie.
  • Inzwischen beschäftigt sich der Supreme Court mit dem Fall.

Von Christian Zaschke, London

Seit Jahren schreibt der britische Thronfolger Prinz Charles regelmäßig Briefe an Ministerien, in denen er, wie der Palast betont, seine private Meinung zum Ausdruck bringt. Zwar sind die Briefe nicht öffentlich, doch immer wieder äußern Politiker und Journalisten den Verdacht, dass Charles Lobbyarbeit für seine Interessen betreibe.

Im politischen Betrieb Londons sind die Briefe als "Schwarze-Spinnen-Vermerke" bekannt, weil Charles eine krakelige Handschrift hat. Der Telegraph weiß überdies zu berichten, dass der Prinz einen emotionalen Stil pflege, gern Passagen unterstreiche und reichlich Ausrufezeichen in seine Texte streue.

Seit neun Jahren versucht der Guardian Einblick in 27 Briefe zu erhalten, die Charles zwischen 2004 und 2005 an sieben Ministerien geschrieben hat. Das Blatt beruft sich auf das Informationsfreiheitsgesetz und argumentiert, es sei im öffentlichen Interesse zu sehen, ob Charles Einfluss auf Entscheidungen der Ministerien genommen habe. Die Rolle als Thronfolger gebietet ihm politische Neutralität.

Bangen um Ansehen des künftigen Königs

Die Regierung hat das Ansinnen bisher abgelehnt. Nachdem ein Gericht 2012 beschieden hatte, die Briefe müssten freigegeben werden, legte der Generalstaatsanwalt sein Veto ein.

Sein Argument: Sollte durch die Veröffentlichung der Eindruck entstehen, Charles sei nicht neutral, könnte das seinem Ansehen als künftiger König und damit der Monarchie schaden.

Es sei besser anzunehmen, der Prinz sei unparteiisch, als zu beweisen, dass er es nicht sei. Im März dieses Jahres entschied ein Berufungsgericht, dass das Veto unrechtmäßig sei.

Dagegen hat der Generalstaatsanwalt wiederum Berufung eingelegt. Seit diesem Montag beschäftigt sich der Supreme Court mit dem Fall. Zwei Tage lang hören sieben Richter die Argumente des Guardian und die der Regierung. Dann entscheiden sie, letztinstanzlich.

Charles Briefe sollen Einfluss haben

Charles hat vielfältige Interessen, dazu zählen Architektur und Landwirtschaft. Besonders ausgeprägt ist sein Sinn für die Umwelt. Seinen Aston Martin ließ er so umbauen, dass dieser mit Biosprit fährt, bisweilen führt er Gespräche mit Blumen.

Liegt ihm ein Thema am Herzen, greift er zum Stift. 2002 wurden erstmals Details eines Briefes bekannt. Charles hatte sich beim damaligen Premierminister Tony Blair für die Belange von Farmern in Cumbria eingesetzt. Seither gibt es in regelmäßigen Abständen Gerüchte, Charles mische sich aktiv in die Politik ein.

2009 schrieb er der königlichen Familie von Katar, die ein Bauprojekt in Chelsea finanzierte. Charles gefiel der moderne Entwurf des Architekten Richard Rodgers nicht.

Rodgers verlor den Auftrag, woraufhin sich mehrere namhafte Architekten, unter ihnen Norman Foster und Zaha Hadid, in einem Brief an die Times darüber beschwerten, dass der Prinz einen "offenen und demokratischen Planungsprozess" unterwandert habe.

Ein Mann mit starken Meinungen

Der 66 Jahre alte Charles hat sich einen Ruf als Mann mit starken Meinungen erworben. Erst vor wenigen Tagen hatten Vertraute des Prinzen gesagt, er gedenke, sich auch als König in Herzensangelegenheiten zu äußern, seine Rolle als Monarch also anders zu interpretieren als seine Mutter.

Elizabeth II. hat in mehr als 62 Jahren auf dem Thron größten Wert darauf gelegt, sich politisch vollkommen neutral zu verhalten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: