Brand in Ludwigshafen:Einander nah und doch so fern

Alles, was Türken in Deutschland passiert, macht in ihrem Heimatland Schlagzeilen - dazu gehören auch flinke Urteile, die deutsche Politiker in Ludwigshafen äußern.

Christiane Schlötzer

In türkischen Zeitungen waren die Bilder aus Ludwigshafen am Dienstag auf den ersten Seite zu sehen, auch die unerträglichsten. Ein Baby wird aus dem Fenster geworfen, von verzweifelten Menschen, die im Feuersturm ein Kind retten wollen.

Brand in Ludwigshafen; AP

Dass der Brand in Ludwigshafen einen ausländerfeindlichen Hintergrund gehabt haben könnte, ist bislang nur ein Gerücht.

(Foto: Foto: AP)

Alles, was Türken in Deutschland geschieht, macht im Land ihrer Herkunft Schlagzeilen, oft noch, bevor sich deutsche Blätter darum kümmern. Das Leben der Türken in Deutschland ist Teil der türkischen Innenpolitik geworden. Daher reist Premier Tayyip Erdogan am Donnerstag nun selbst zum Katastrophenort, und der Oppositionschef aus Ankara hat sich in Ludwigshafen auch schon angekündigt.

Deutschland und die Türkei sind so eng zusammengerückt, wie kaum zwei Länder sonst, aber es wird von der deutschen Gesellschaft nicht wirklich wahrgenommen. Dies macht die Beziehungen komplizierter.

Auch der junge Türke, der in einer Münchner U-Bahn einen deutschen Rentner niederprügelte, hat die türkischen Medien intensiv beschäftigt. Zuspitzungen auf deutscher Seite, wie zuletzt in Hessen, finden schrillen Widerhall im türkischen Blätterwald.

Dass der Brand in Ludwigshafen einen ausländerfeindlichen Hintergrund gehabt haben könnte, ist bislang nur ein Gerücht. Sollte ein solch furchtbarer Verdacht jedoch konkret werden, dann muss er mit allem Nachdruck aufgeklärt werden - und die Politiker in Ludwigshafen und Berlin sollten wissen, dass jedes flinke Urteil, das sie äußern, auch in der Türkei gehört wird.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat gerade gesagt, die Muslime seien ein Teil Deutschlands. Richtig so. Schäuble hat in Ankara gesprochen. Er muss es womöglich in Ludwigshafen wiederholen.

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