Bill Cosby:Gegenwehr

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Bill Cosby bei einem Auftritt Ende 2013 im Madison Square Garden in New York. Früher war der 78-Jährige ein amerikanisches Idol, heute wird er geächtet. (Foto: John Minchillo/Invision/AP)

Dutzende Frauen haben Bill Cosby sexuellen Missbrauch vorgeworfen. Zwölf Monate hat der 78-jährige US-Komiker dazu geschwiegen. Bis jetzt.

Von Nicolas Richter, Washington

In den vergangenen zwölf Monaten hat Bill Cosby immer nur geschwiegen. Wenn man nach ihn nach den Vergewaltigungsvorwürfen Dutzender Frauen fragte, antwortete er einfach nicht, in einem Radio-Interview saß er einmal schweigend einem Reporter gegenüber, der ihn mit dem Verdacht konfrontierte, aber Cosby schüttelte nur still den Kopf. "Sie schütteln den Kopf", sagte der Reporter, um seinen Hörern zu erklären, was da gerade passierte.

Nun bricht der amerikanische Komiker Cosby, 78 - in Deutschland bekannt aus der TV-Serie "Bill Cosbys Familienbande" - sein Schweigen. Auf seine Art: Am Montag ist er vor einem Bundesgericht im US-Staat Massachusetts juristisch gegen sieben Frauen vorgegangen. Sie hätten ihn "bösartig, opportunistisch, falsch und verleumderisch" beschuldigt, sie sexuell missbraucht zu haben, heißt es in dem Schriftsatz. Monique Pressley, eine Anwältin Cosbys, nannte das Verhalten der Frauen "abscheulich und moralisch abstoßend". "Herr Cosby möchte betonen", erklärte sie, "dass er die Frauen weder betäubt noch sexuell missbraucht hat und dass jede der beschuldigten Frauen böswillig etliche falsche Beschuldigungen veröffentlicht hat, vom Herbst 2014 bis zum heutigen Tag."

Nach den ersten Vorwürfen gegen Cosby hatte dessen Umfeld den betroffenen Frauen vorgeworfen, zu lügen. Sieben Frauen beschuldigten Cosby daraufhin der Beleidigung. Seit dieser Woche nun beschuldigt Cosby wiederum diese sieben Frauen, dass sie ihn verleumdet haben. Während es zeitweise so aussah, als wolle Cosby die Sache einfach aussitzen, setzt der Komiker nun offensichtlich zur juristischen Gegenoffensive an. In dem Verfahren in Massachusetts verlangt er Ersatz für den Schaden, der ihm nach den Worten seiner Anwältin entstanden ist "durch eine Kampagne, seinen Ruf und seinen Charakter zu zerstören".

Früher spielte der Komiker vor vollem Haus. Heute warten schon am Eingang die Demonstranten

Wie das Verfahren auch immer ausgeht: Cosbys Ruf hat in diesem Jahr so schwer gelitten, dass es ihm schwerfallen dürfte, ihn je wieder herzustellen. Der einst so beliebte und respektierte Komiker hat bereits diverse seiner Fernsehverträge und Ehrentitel verloren, er wirkt in den USA inzwischen wie ein Geächteter. Während seiner Tournee durch die Vereinigten Staaten in diesem Jahr, die er trotz aller Kontroversen unbeirrt fortsetzte, kam es zu Protesten vor den Eingängen und sogar in den Zuschauerräumen. Während Cosby früher immer vor vollen Häusern auftrat, waren viele seiner Vorstellungen diesmal bei weitem nicht ausverkauft. Allerdings blieb ihm noch immer ein harter Kern von Fans, die darauf hinwiesen, dass keiner der Vorwürfe gegen ihr Idol bewiesen worden sei. Cosby galt jahrzehntelang als "America's Dad", als vorbildlicher Vater, der einerseits streng, andererseits humorvoll und warm war. Manchmal kritisierte er andere Schwarze in den USA dafür, dass sie ihre Kinder nicht konsequent genug erzogen hätten, und dass dies eine der Ursachen für die verbreitete Kriminalität in den Innenstädten Amerikas sei.

In der Sache wird es schwer bis unmöglich sein, die mutmaßlichen Vergewaltigungsfälle ganz aufzuklären. Die meisten liegen weit zurück, es fehlen Beweise, und es steht Aussage gegen Aussage. Die Öffentlichkeit neigt inzwischen allerdings dazu, den mutmaßlichen Opfern zu glauben. Dies liegt zum einen an deren Zahl - mehrere Dutzend -, an deren übereinstimmenden Schilderungen und daran, dass die Frauen als überwiegend glaubwürdig gelten. Außerdem hat ein Gericht in diesem Jahr eine Aussage Cosbys unter Eid veröffentlicht, in der er zugibt, mindestens einer Frau ein Betäubungsmittel verabreicht und anschließend mit ihr geschlafen zu haben. Allerdings erweckte Cosby in dieser Aussage im Jahr 2005 den Eindruck, die Frau habe die Tabletten freiwillig genommen und sei auch mit sexuellen Handlungen einverstanden gewesen.

Ein Anwalt der jetzt von Cosby verklagten Frauen erklärte, das juristische Vorgehen des Komikers sei nicht überraschend. "Er möchte von den eigentlichen Vorwürfen ablenken", sagte Joseph Cammarata. Gloria Allred, eine Anwältin, die weitere mutmaßliche Opfer Cosbys vertritt, sagte nach Angaben der New York Times: "Anscheinend führt er Krieg gegen die Frauen, die ihn in Massachusetts verklagt haben. Doch seine Taktik wird die mutigen Frauen nicht abschrecken, die jetzt gegen ihn kämpfen."

© SZ vom 16.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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