BGH-Urteil zum Unterhaltsrecht:Mütter müssen nicht Vollzeit arbeiten

Alleinerziehenden ist auch dann nicht zwingend ein Vollzeitjob zumutbar, wenn die Kinder ganztags in Kita oder Schule untergebracht sind. Das entschied der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil.

In einem mit Spannung erwarteten Grundsatzurteil zum Unterhaltsrecht hat der Bundesgerichtshof Alleinerziehenden den Rücken gestärkt.

Mutter mit Kindern; iStockphotos

Job und Kinder - nach Ansicht des BGH eine große Doppelbelastung

(Foto: Foto: iStockphotos)

Sie müssen sich nicht generell einen Vollzeitjob ab dem dritten Lebensjahr des Kindes suchen, sondern können unter Umständen auch über die gesetzliche Frist hinaus Unterhalt von ihrem Ex-Partner für die Betreuung bekommen, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil hervorgeht.

Wenn vor der Trennung eine eheähnliche Gemeinschaft bestanden hat, kann sich der Unterhaltsanspruch dem BGH zufolge verlängern.

Konkrete Verlängerungsfristen nannte das Gericht nicht. Der BGH spielte den Ball vielmehr zurück an die Fachgerichte, die darüber nun entscheiden müssen. Der Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter nahm den Spruch aus Karlsruhe positiv auf. "Das Urteil wird mehr Klarheit bringen. Bisher hat es viele Graubereiche gegeben, und viele Richter waren verunsichert. Das wird sich nun ändern", sagte die Verbandsvorsitzende Edith Schwab.

Übermäßig beanspruchte Mütter

Der Familiensenat des BGH wies zudem darauf hin, dass eine ganztägige Berufstätigkeit nach dem dritten Lebensjahr des Kindes zu einer Überbelastung des betreuenden Elternteils führen könne.

Auch wenn ein dreijähriges Kind ganztags in einem Kindergarten betreut werde, könne die volle Berufstätigkeit zu einer übermäßigen Beanspruchung führen.

Auch hier forderten die Bundesrichter die Instanzgerichte auf, eine nach dem Alter der Kinder abgestufte Arbeitspflicht zu bestimmen, ohne selbst Zahlen zu nennen. Denkbar ist, dass die Familiengerichte nun nach dem dritten Lebensjahr des Kindes zunächst eine Halbtagstätigkeit, später eine Zwei-Drittel- oder Ganztagstätigkeit verlangen.

Es ist das erste höchstrichterliche Urteil nach dem neuen Unterhaltsrecht von 2008. Das Gesetz sieht bei Scheidung oder Trennung nur noch einen Unterhaltsanspruch des betreuenden Partners bis zum dritten Lebensjahr des Kindes vor, lässt aber eine Verlängerung zu. Der BGH musste jetzt erstmals entscheiden, unter welchen Umständen die Verlängerung möglich ist.

Zwtl: Ursprünglicher Fall muss neu entschieden werden Im konkreten Fall hatte sich ein unverheiratetes Paar mit zwei gemeinsamen Kindern nach etwa fünf Jahren getrennt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte der Mutter bis zum sechsten Lebensjahr des jüngsten Kindes einen monatlichen Unterhalt von 216 Euro zugesprochen. Dieses Urteil wurde jetzt vom BGH aufgehoben. Das OLG muss den Fall neu entscheiden.

Der bisherige Antrag der Mutter wird allerdings nach dem neuen Urteil des BGH kaum Erfolg haben. Sie wollte unbefristet mehr als 1300 Euro monatlichen Unterhalt von ihrem früheren Lebensgefährten, einem Geschäftsführer. Der BGH stellte klar, dass sich ihr Unterhaltsanspruch nicht nach dem Einkommen des Partners richtet. Da sie nicht verheiratet waren, richtet sich ihr Unterhaltsanspruch vielmehr nach ihren Lebensverhältnissen vor Geburt der gemeinsamen Kinder. Außerdem wird nach dem neuen Urteil zwar eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts zugebilligt, nicht aber eine unbefristete.

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